„Entscheidungen müssen folgen“

Dass die beiden christlichen Kirchen trotz ihrer Transformations- und Sparprozesse sowie der Diskussion um die Schließung von Einrichtungen in der Stadt präsent bleiben, ist für den Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) sehr wichtig, wie er im großen exklusiven Interview mit dem „Neuen Ruhr-Wort“ (Ausgabe vom 20. August 2016) betont. Dabei geht es ihm nicht nur um die Wohlfahrtsaufgaben und sozialen Dienste, für die „wir als Stadt dankbar sind“, so der 41-Jährige. „Es geht ja nicht nur um die Frage, wer den nächsten zu errichtenden Kindergarten übernimmt, sondern auch darum, wie wir zusammenleben wollen und wer sich an der Diskussion um die Werte dieses Zusammenlebens beteiligt.“ Die Kirchen seien zudem „für die Sinnsuche der Menschen ein zentraler Fixpunkt“.

Daniel Schranz, Oberbürgermeister von Oberhausen. Foto: Spernol

Daniel Schranz, Oberbürgermeister von Oberhausen.
Foto: Spernol

„Wir als Stadt wünschen uns, dass die Kirchen ihre Aufgaben auch weiterhin wahrnehmen können“, sagte Schranz der in Gelsenkirchen verlegten unabhängigen katholischen Wochenzeitung. Beide Kirchen böten nicht nur „ein werteorientiertes Angebot, das nachgefragt wird“. Sie beteiligten sich auch intensiv „an der Debatte über den Weg dieser Stadt, an Runden Tischen, an Diskussionen zur Haushaltskonsolidierung, zur Stadtwicklung und vielem anderen mehr“. Mit Blick auf die aktuellen Pfarrei-Entwicklungsprozesse im Bistum Essen wünscht sich Schranz eine verantwortungsvolle Zukunftsgestaltung. Aus städtischer Sicht sei es gerade mit Blick auf „Stadtteile, die es nicht so einfach haben“ wichtig, dass Kirche weiterhin „in die Stadt hineinstrahlt“.

Das vollständige Interview erscheint in unserer gedruckten Ausgabe 33/2016 vom 20. August. Ihnen gefallen unsere Themen? Hier geht es zum bequemen Print-Abo

Eine wichtige Rolle spielen die Kirchen laut Schranz in der aktuellen Flüchtlingsdebatte. Oberhausen stehe für eine starke Willkommenskultur und das Ruhrgebiet „ist ja nur durch Zuwanderer groß geworden“. Allerdings sei derzeit eine Stimmungsänderung wahrnehmbar. Viele Menschen hätten Sorge, dass sich Deutschland von einem christlich geprägten Land in ein muslimisch geprägtes verwandeln könnte. „Ich kann da immer nur für Differenzierung und den Dialog plädieren, der zwischen den christlichen Kirchen und den einzelnen muslimischen Gemeinden dieser Stadt ja auch stattfindet“, sagt der Oberbürgermeister. Und er betont: „Zwischen den modernen Formen des Islams, wie wir ihn hier und in anderen Städten erleben können, und der Islamisierung, die wir durchaus auch feststellen, liegen ja Welten.“ Die vielen Engagierten aus den Kirchengemeinden, die aus christlicher Verantwortung denen helfen, die vor Krieg, Terror und Elend flüchten, setzen „ein wichtiges Zeichen von Solidarität“, sagt Schranz. Das sei wichtig neben der Frage, „wie sich das christliche Selbstverständnis unserer Stadt und unseres Landes entwickelt“.

Der erste CDU-Oberbürgermeister in Oberhausen seit 60 Jahren findet aber auch klare Worte mit Blick auf einen notwendigen Wandel in der katholischen Kirche. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) sei schon lange geschlossen, jetzt müssten „an einigen Stellen Entscheidungen folgen“, fordert der Politiker, der selbst bekennender Katholik ist. Schranz nennt das Diakonat der Frau, die Pastoral für wiederverheiratete Geschiedene und die Theologie der Barmherzigkeit als Beispiele.

Vor allem von Papst Franziskus erhofft sich Daniel Schranz einen neuen Aufbruch in der katholischen Kirche, ganz im Sinne des konziliaren Konzepts des „Aggiornamento“, der notwendigen Öffnung zur Welt und Anpassung an die modernen Verhältnisse. Die Distanz zu den Menschen zu verringern und noch einmal ganz stark zu fragen, wo und wie sich Kirche den Menschen zuwenden kann“, sei der richtige Weg. „Ich bin sicherlich kein Freund davon, zentrale Inhalte des Katholizismus zur Disposition zu stellen“, sagt der Oberbürgermeister. „Aber man kann sich doch an einigen Stellen des Eindrucks nicht erwehren, dass es auch in der Kirche Menschen gibt, die aus dem Prinzip des Nicht-Aufgeben-Wollens an allem in althergebrachter Form festhalten. Davor kann ich nur warnen.“

Daniel Schranz ist bekennender praktizierender Katholik. Er engagierte sich seit frühester Jugend ehrenamtlich in seiner Pfarrei in Alt-Oberhausen. Seit Oktober 2015 ist Schranz Oberbürgermeister von Oberhausen. Er ist der erste CDU-Oberbürgermeister der Kommune seit 60 Jahren.