Vatikanstadt/Köln. Den emeritierten Kölner Kardinal Joachim Meisner trifft Kritik aus dem Vatikan. Der Chef des vatikanischen Berufungsgerichts, Pio Vito Pinto, bekundete am Donnerstag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) Unverständnis über die öffentliche Forderung des früheren Kölner Erzbischofs und drei weiterer Kardinäle, der Papst solle seine Haltung zu wiederverheirateten Geschiedenen klarstellen. Pinto, der Dekan der Römischen Rota ist, wertete die Initiative als „Ohrfeige” für den Papst.
Enttäuscht äußerte sich Pinto von der Mitwirkung Meisners an dem Brief, den auch die Kardinäle Raymond Leo Burke, Carlo Caffarra und Walter Brandmüller unterzeichnet hatten. Meisner, ein „großer Oberhirte”, habe „mit dieser Aktion einen Schatten auf seine Geschichte gelegt”. Umso unverständlicher sei die Geste des 82-Jährigen, da er Papst Benedikt XVI. (2005-2013) sehr nahegestanden habe und wisse, dass dieser und Franziskus in ihrer Sicht auf gescheiterte Ehen völlig übereinstimmten.
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„Aufgabe der Kardinäle ist, dem Papst in seiner Amtsausübung zu helfen – nicht ihn zu behindern oder Vorschriften zu machen”, sagte Pinto. Zugleich wies er die Darstellung zurück, er habe den betreffenden Kardinälen mit dem Entzug ihrer Kardinalswürde gedroht. Dies sei eine „ziemliche journalistische Freiheit”.
Die Ankündigung von Kardinal Burke, formelle Schritte zu ergreifen, wenn der Papst nicht auf die ihm vorgelegten Fragen reagiere, nannte Pinto „eine Verrücktheit”. „Es gibt kein Kardinalskollegium, das den Papst zur Rechenschaft ziehen könnte”, so der Dekan.
Zum Umgang mit den vier Kardinälen riet Pinto: „Ein bisschen mehr beten, ruhig bleiben, basta. Offiziell hat diese Aktion keinen Wert.” Prinzipiell habe der Papst die Möglichkeit, einem Kardinal seinen Rang zu nehmen. Dies werde er aber aller Voraussicht nach nicht tun. „Franziskus ist ein Leuchtturm an Barmherzigkeit und hat unendliche Geduld. Es geht ihm um Zustimmung, nicht um Zwang”, sagte Pinto.