Der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper hat die anhaltende Spaltung der christlichen Kirche als «Skandal» bezeichnet. Angesichts der Krisen auf der Welt brauche es dringend weitere Schritte zur Einheit, sagte er am Dienstag beim Weltfriedenstreffen der Gemeinschaft Sant’Egidio in Münster. Es gebe heute keine wesentlichen Differenzen mehr zwischen katholischen und evangelischen Christen. Die wahren Unterschiede lägen zwischen denen, die glauben, und denen, die nicht glauben oder einer anderen Religion angehören.
Der Kardinal äußerte sich bei einer Diskussionsveranstaltung über «500 Jahre Reformation». Er sei sehr dankbar, dass das Reformationsjahr völlig ohne Polemik geblieben sei, sagte der frühere Ökumene-Minister des Papstes. Gefreut hätten ihn auch die vielen Aktionen auf mittlerer und unterer Ebene der Kirchen, durch die viel in Bewegung geraten sei. Es hätte aber noch ein wenig mehr theologische Diskussionen geben können. Auch wünsche er sich, dass das Reformationsgedenken mit einer Vereinbarung zu Ende geht, wie in den kommenden Jahren in der Ökumene verfahren werden soll.
Für den weiteren Weg sei es wichtig, die jeweils andere Position zu verstehen. Das aber gehe nur bei gleichzeitiger Betonung des eigenen Standpunktes. Eine vermeintlich liberale Ökumene, bei der alles egal ist, sei nicht sinnvoll. Es gelte, auf beiden Seiten «mehr katholisch und mehr evangelisch» zu werden. Alles andere wäre eine Verflachung. Zudem sei Ökumene nur durch Begegnung und gegenseitigen Respekt möglich. «Wenn ich mit jemandem gesprochen, gegessen und gebetet habe, begegne ich ihm anders.»
Das am Sonntag in Münster eröffnete Weltfriedenstreffen unter dem Motto «Wege zum Frieden» geht an diesem Dienstag in Osnabrück zu Ende. Geplant ist ein Gebet der Religionen für den Frieden. Bei einer Schlussveranstaltung auf dem Markt soll eine Botschaft der Kirchen und Religionen an die Welt gesendet werden. Erwartet werden bis zu 5.000 Teilnehmer.