Iquique. Die Top-Nachricht des Tages in der vatikanischen Welt war das Glück von Paula Podest und Carlos Ciuffardi. Als erfahrene Flugbegleiter der chilenischen Gesellschaft LATAM hatten sie am Donnerstag die Aufgabe, Papst Franziskus und seinen Tross von Santiago nach Iquique zu bringen. Kurzstrecke, ein Stressjob. Der unerwartete Moment kam, als sie sich nach dem Abräumen der Tabletts (Schinken-Käse-Sandwich, Obstsalat) gemeinsam mit der übrigen Besatzung dem Kirchenoberhaupt noch einmal vorstellen durften.
Üblicherweise gibt es einen Händedruck und einen Rosenkranz. Ciuffardi wollte einen Segen für seine Frau und sich. Darauf fragte der Papst wohl eher reflexhaft zurück, ob die beiden ein Ehepaar seien. Ja, erzählte Ciuffardi, aber nur zivilrechtlich. Die Kirche, in der sie 2010 ihre kirchliche Heirat feiern wollten, war kurz zuvor durch ein Erdbeben zerstört worden. Seitdem klappte es irgendwie nicht mehr mit dem Gang zum Traualtar. Nun ist Franziskus Jesuit und als solcher ein Mann klarer Entscheidungen. „Wollt ihr heiraten? Dann machen wir das jetzt“, sagte er laut Ciuffardi. Da auch seine Frau Paula nichts dagegen hatte, nahm der Papst das vor, was das Kirchenrecht nüchtern die Erfragung des Ehekonsenses nennt. Das geht, wenn es sein muss, flott und formlos.
Paula saß neben dem Papst, Carlos kniete, und in wenigen Augenblicken waren die beiden in den Augen Gottes und der Glaubenskongregation Mann und Frau, irgendwo bei San Pedro de Atacama in knapp 11.000 Metern Höhe und in einer blumenlosen Hochzeitskapelle mit der Typenbezeichnung A321. Als Trauzeugen fungierten LATAM-Chef Ignacio Cueto und der päpstliche Reisemarschall Mauricio Rueda Beltz. Ein erfahrener Kirchenmann setzte handschriftlich ein kurzes Dokument auf, das besagt, dass Ciuffardi und Podest „am 18. Januar 2018 auf dem Papstflug von Saniago nach Iquique die Ehe geschlossen“ haben; darunter die Unterschriften von Braut und Bräutigam, den beiden Zeugen und dem Zelebranten. „Francisco“ steht da in millimeterhohen, feinen Lettern. Es ist die kleinste Unterschrift von allen.
Die Nachricht sorgte im rückwärtigen Kabinenteil, der den Journalisten vorbehalten ist, für die sprichwörtlichen Turbulenzen. Für eine Pressekonferenz war die Maschine nicht gerüstet, die Verständigungsmöglichkeiten sind angesichts der Nebengeräusche eingeschränkt, ohne Geschrei und Gedränge geht es nicht. Die Schweizergarde musste nicht eingreifen. Plötzlich umgekehrte Rollen: Statt nach vorne zur hohen Geistlichkeit waren die Kameras nach hinten Richtung Kombüse gerichtet. Der Steward und die Stewardess, die vor kurzem mit „Kaffee oder Tee?“ durch die Reihen gegangen waren, mussten jetzt ihrerseits Fragen beantworten – zu ihrem Alter (41 und 39), zu ihren Kindern (Raffaela und Isabella), und überhaupt: wie es dazu kam.
#PopeFrancis just married during the flight to #Iquique this couple of flight attendants! They were talking with the Pope. They said they didn’t get married in the Church. The Pope asked if we wanted to get married immediately. They said YES! #modopapa pic.twitter.com/9V4Kt4giY8
— Antonio Spadaro (@antoniospadaro) 18. Januar 2018
Bald entflammten hier und da auch Diskussionen unter altgedienten Vatikan-Korrespondenten, ob angesichts der wohl nicht erfolgten Nachforschung über den Familienstand der Brautleute in den Taufregistern eine zureichende kanonische Rechtssicherheit gegeben sei, und ob der Ortspfarrer eine Dispens für die Trauung außerhalb des Wohnorts hätte erteilen müssen. Das blieben Randphänomene. Wenig später landete die Maschine in Iquique, wo der Papst die letzte Messe seines Chile-Besuchs feiern wollte, dort, wo die Atacama-Wüste an den Pazifik grenzt. Totes Land, Sand und Salzwasser. Um die 50.000 hatten sich versammelt, ein Bruchteil der erwarteten Menge. Es hätte ein enttäuschender Abschluss des viertägigen Papstbesuchs werden können. Paula Podest und Carlos Ciuffardi haben den Tag gerettet.