Aus für Abtei Mariawald in der Eifel
Mönche werden aufgeteilt
In traditionalistischen Netzwerken kursierte das Gerücht schon am Wochenende. Deutschlands einziges Trappistenkloster Mariawald wird geschlossen – wegen Nachwuchsmangels. Hinter den Kulissen gab es aber auch Unfrieden. Die Abtei Koningshoeven im niederländischen Tilburg teilte am Dienstagnachmittag offiziell mit, was sich schon länger abgezeichnet hatte: Mariawald in der Eifel, das einzige Trappistenkloster Deutschlands, soll noch in diesem Jahr geschlossen werden. Grund dafür sei Nachwuchsmangel. Die vatikanische Ordenskongregation habe die Auflösung beschlossen, hieß es. Der Konvent sei mit durchschnittlich 84 Jahren überaltert und könne sich nicht mehr selbst versorgen.
Die verbliebenen zehn Mönche werden auf andere Abteien verteilt oder siedeln in ein Seniorenheim in der Region über; der älteste ist 94 Jahre alt. Für die Gebäude inklusive der Kirche werde noch nach einer Lösung gesucht, hieß es. Für die zwölf Angestellten der Abtei sei ein Sozialplan erstellt. Damit endet nicht nur eine lange Klostertradition. Gescheitert ist auch ein Versuch, der Tradition durch die Tradition auf die Sprünge zu helfen – der in der Summe wohl mehr Unfrieden als Frieden gebracht hat. Schon lange war die kleine Gemeinschaft von Mariawald überaltert. Zum Hoffnungsträger wurde Josef Vollberg, der 1986 als Spätberufener ins Kloster eintrat und 2005/06, noch vergleichsweise jung, mit 42 Jahren zum Abt gewählt wurde.
Auf seinen Wunsch hin erlaubte Papst Benedikt XVI. (2005-2013) Mariawald 2008 als erster deutschsprachiger Abtei, zur alten vorkonziliaren lateinischen Liturgie und zur traditionellen Regel des Trappistenordens zurückzukehren – eine Frucht der Versuche Benedikts, die Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) mit den traditionalistischen Gegnern des Konzils und den Anhängern der lateinischen Messe zu versöhnen. In Mariawald teilten aber offenbar nicht alle Brüder diese Neuausrichtung; durch die Gemeinschaft verlief ein Riss. Die Versuche, neue Mitglieder zu gewinnen, liefen unterdessen ins Leere; erst im vergangenen Jahr giongen zwei Novizen wieder. Durch Sterbefälle sank die Zahl der Mönche weiter, schließlich unter die für eine eigenständige Abtei nötigen zwölf.
Schon im Mai 2016 fand eine Visitation (Überprüfung) durch den Abt von Koningshoeven, Bernardus Peeters, und den Abt des englischen Trappistenklosters Mount Saint Bernard statt. Vollberg erklärte im Oktober 2016 seinen Rücktritt als Abt. Seitdem amtiert von Koningshoeven aus Bernardus Peeters als Abt; Josef Vollberg blieb, nun als Prior, der Hausobere. Die traditionalistische Szene schäumt über den Auflösungsbeschluss, spricht von einem römischen Rollback gegen die Intention von Benedikt XVI. Die Hinwendung zur Tradition in Mariawald sei „zu viel für das rachsüchtige Regime gewesen, das in Rom installiert wurde“, schreibt etwa der englischsprachige Blog „Rorate caeli“. Die „Machthaber in Rom“ hätten Vollberg als Abt rausgemobbt. Und jetzt die Schließung: „Was zwei Weltkriege nicht zerstören konnten, hat nun der Bergoglianismus geschafft“, heißt es dort in Anspielung auf den Familiennamen von Papst Franziskus, Bergoglio.
Die Trappisten bezeichnen sich als „Zisterzienser der Strengeren Observanz“; sie entstanden im 17. Jahrhundert im französischen La Trappe als ein Reformzweig der Zisterzienser. Diese, benannt nach dem 1098 gegründeten Kloster Citeaux bei Dijon, gehören ihrerseits schon zu den strengen Orden der katholischen Kirche. Seit 1892 sind die Trappisten kirchenrechtlich eigenständig. Die Abtei Mariawald bei Heimbach hat ihre Ursprünge Ende des 15. Jahrhunderts in einer örtlichen Marienwallfahrt. 1486 bezogen Zisterzienser das neu errichtete Kloster. Im Zuge der Französischen Revolution aufgehoben, wurde das Leben dort erst 1864 wieder aufgenommen. In den turbulenten Jahren des Nationalsozialismus litt das Kloster durch Einquartierungen, Requirierungen und eine zwischenzeitliche Auflösung wegen „staatsfeindlicher Aktivitäten“. Im Zuge der Ardennen-Offensive wurde Mariawald großenteils zerstört. Die Beseitigung der Kriegsschäden dauerte bis 1959.
In Deutschland bleiben nun bald nur noch zwei Frauenklöster der Trappisten: Maria Frieden in Dahlem/Eifel (seit 1952) und Gethsemani im nordpfälzischen Dannenfels (seit 1984). Auch die deutschen Zisterzienser sind übrigens keineswegs ohne Sorgen: Eines ihrer drei Männerklöster, Marienstatt im Westerwald, befindet sich ebenfalls in Auflösung. Gleichzeitig besiedelten 2017 Zisterzienser aus dem österreichischen Heiligenkreuz das Kloster Neuzelle in Brandenburg neu.
Für das Bistum Aachen kommt die Auflösung von Mariawald, einem geistlichen Fixpunkt der Region, in eine schwierige Gemengelage. Einerseits plant Bischof Helmut Dieser für 2018 einen Dialogprozess zur Neuanpassung der Seelsorgestrukturen. Auf der anderen Seite ist, quasi durch die kalte Küche, die traditionalistische Piusbruderschaft im Bistum ansässig geworden: 2008 kauften die den Piusbrüdern nahestehenden französischen Benediktiner von Notre-Dame de Bellaigue die Gebäude des einstigen Prämonstratenserklosters Reichenstein in Monschau-Kalterherberg in der Eifel. Im Oktober 2017 folgte die Weihe und Errichtung des Benediktinerklosters vom Unbefleckten Herzen Mariens – ohne Beteiligung des Ortsbischofs.
Seit 125 Jahren gehen die Trappisten eigene Wege
„Zisterzienser der Strengeren Observanz“ wollten zu den Wurzeln
Man kennt die Zisterzienser als einen der strengen Orden der katholischen Kirche. Sie traten im 12. Jahrhundert im heutigen Ostfrankreich als Erneuerer des benediktinischen Mönchtums an. Karg und arbeitsam wollten sie leben – und taten es auch. Roden, Ackerbau und Fischzucht standen auf derselben Stufe wie das Gebet: ora et labora, bete und arbeite. Das Armutsideal zog Tausende junge Männer an – und Zustiftungen für das ewige Seelenheil. Die armen Mönche wurden allzu schnell vermögend. Vor gut 125 Jahren, im Oktober 1892, trennte sich ein Zweig vom Zisterzienserorden, der nach seinem französischen Hauptkloster La Trappe bald „Trappisten“ genannt wurde – die „Zisterzienser der Strengeren Observanz“.
Die Trennungsgeschichte ist kompliziert. Im 17. Jahrhundert setzte sich der Abt von La Trappe in der Normandie, Armand-Jean Le Bouthillier de Rance (1626-1700), für eine Wiederherstellung der überaus strengen ursprünglichen Lebensweise der Zisterzienser ein. Im Mittelpunkt stehen Gebet, geistliche Lesung und Handarbeit. Die Trappistenpflegen einen einfachen Lebensstil und suchen Innenleben und Sammlung in Schweigsamkeit. Zudem legen sie Wert auf eine bescheidene Gastfreundschaft.
Lange Zeit bestanden Klöster der Reformströmung und denen der herkömmlichen Ordnung nebeneinander. Unter dem gemeinsamen Dach des Zisterziensertums erlebten sie den totalen Kollaps der Französischen Revolution in Frankreich und Belgien und der Klosteraufhebung in den Habsburgerlanden und in Deutschland. Und unter dem gemeinsamen Dach begann auch im 19. Jahrhundert ein beeindruckender Neubeginn. Doch die beiden Traditionen hatten sich auseinandergelebt. Die Zisterzienser im deutschsprachigen Raum legten ihren neuen Schwerpunkt mehr in der Pfarreiseelsorge, während die zumeist französischsprachigen Trappisten dies nicht in der traditionellen Ordensregel angelegt sahen. Mehr als die deutschen Niederlassungen lieferten sie in Handarbeit etwa Käse, Biere, Wein, Öle, Liköre, Kräuter und Heilmittel. Doch selbst die Reformierten waren seit 1847 in zwei Strömungen getrennt: Die eine befolgte die Regeln de Rances, die andere die Regeln des autoritären Abtes Augustin de Lestrange (1754-1827).
Beim Generalkapitel in Wien 1891 konnte der Orden bereits wieder die Zahl von 82 Männer- und 114 Frauenklöstern vorweisen: 7.139 Zisterzienser insgesamt. 52 Männerklöster mit mehr als 2.900 Mönchen auf der Reformseite standen nur 30 Klöster mit 940 Mönchen der allgemeinen Observanz gegenüber. Mit der Nichteinladung der Französischsprachigen und der Wahl des böhmischen Abtes Leopold Wackarz zum Zisterzienser-Generalabt wurde freilich das deutsche Element noch weiter betont. Die Spannungen zwischen den beiden Strömungen stiegen.
Papst Leo XIII. (1878-1903) lud nun zu einem Kapitel der beiden französischen und der belgischen Zisterzienser-Kongregationen (La Trappe, Sept-Fons, Westmalle) in Rom. Am Ende der Beratungen stand am 13. Oktober 1892 eine Neuaufteilung: Die drei französischsprachigen Kongregationen verbanden sich zum „Orden der Reformierten Zisterzienser Unserer Lieben Frau von La Trappe“ – der sich damit wiederum vom hergebrachten Zisterzienserorden trennte. General des bald „Trappisten“ genannten neuen Ordens wurde Sebastian Wyart, Abt von Sept-Fons. Tags darauf empfing Leo XIII. die Teilnehmer des Kapitels.
Das Dekret über den Zusammenschluss wurde am 8. Dezember 1892 veröffentlicht; dies ist das förmliche kirchenrechtliche Datum der Gründungsbestätigung; im August 1894 ratifizierte Leo XIII. die neuen Ordensverfassungen. 1898 erwarben die Trappisten Citeaux, das Mutterkloster der Zisterzienser. Und 1902 schließlich bekam der Orden seine endgültige Bezeichnung „Zisterzienser von der strengeren Observanz“. Die bekanntesten Trappisten des 20. Jahrhunderts waren der selige Charles de Foucauld (1858-1916) und Thomas Merton (1915-1968). Ende 2016 gab es nach Ordensangaben weltweit 102 Männer- und 76 Frauenklöster – was mehr als eine Verdoppelung binnen 75 Jahren bedeutet. Zugleich ging allerdings die Zahl der Ordensleute zurück: auf weltweit rund 1.800 Trappisten und 1.500 Trappistinnen.