Der nordrhein-westfälische Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) hält ein Kirchenasyl für Asylbewerber nur „in absoluten Ausnahmefällen“ für vertretbar. Es sei „nicht akzeptabel“, wenn Kirchenasyl instrumentalisiert werde, um gerichtliche Fristen zu unterlaufen und eine Abschiebung in das Transitland zu verhindern, sagte er am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Düsseldorf. Kirchenasyl dürfe nur im Ausnahmefall dazu führen, dass ein Asylfall von den Behörden neu geprüft werde. Alles andere könne „ein Rechtsstaat nicht hinnehmen“.
Damit unterstützte Stamp die Kritik des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts-Präsidenten Andreas Heusch. Er hatte die Politik aufgefordert, gegen das Kirchenasyl einzuschreiten und „Recht durchzusetzen“. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Kirchen eine höhere Moral für sich beanspruchten und staatliche Organe rechtswidrig behinderten. Laut NRW-Flüchtlingsministerium betrifft die „weit überwiegende Zahl“ der Kirchenasylfälle sogenannte Dublin-Verfahren. Hier geht es um die Überstellung eines Asylbewerbers in das Erstaufnahmeland in der EU. In einem Erlass hatte die NRW-Landesregierung die Ausländerbehörden am 13. Juni 2017 angewiesen, bei Bekanntwerden eines Kirchenasyls „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“ vorerst zu unterlassen. Zugleich wurde vereinbart, dass die Kirchen unmittelbar gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den jeweiligen Einzelfall zur eine nochmaligen Prüfung darlegen.
Dieser Erlass gelte „unverändert“, teilte das Flüchtlingsministerium auf Anfrage mit. Zugleich wurde darauf verwiesen, dass bereits 1995 zwischen dem Land NRW und der Evangelischen Kirche im Rheinland „Absprachen“ für Fälle von Kirchenasyl getroffen worden seien. Danach sollten in jedem Kirchenasyl-Fall durch eine frühzeitige Konsultation zwischen Kirchengemeinde und Ausländerbehörde „Handlungsspielräume im Rahmen des geltenden Rechts“ ausgelotet werden. „Es gibt klare Regeln und grundsätzlich funktioniert das auch“, erklärte Stamp zur Kooperation mit den Kirchen. Die Juristen im Flüchtlingsministerium verwiesen darauf, dass es „ein Rechtsinstitut des Kirchenasyls“ nicht gebe. Nur der Staat könne Asyl gewähren. Auch entscheide dieser über Maßnahmen nach endgültiger Ablehnung eines Asylantrages und rechtsverbindlicher Klärung der Ausreisepflicht. Die Innenministerkonferenz hatte in ihrer letzten Sitzung das Bundesinnenministerium beauftragt, ein länderoffenes Gespräch mit den Kirchenvertretern zum Thema Kirchenasyl zu führen. Dieses Gespräch hat bisher noch nicht stattgefunden.
An Dienstag hatte der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) das Kirchenasyl für von Abschiebung bedrohte Asylbewerber gegen die Kritik des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts verteidigt. „Das Kirchenasylgehört zu Deutschland“, so Biesenbach. Es sei Ausdruck der christlichen Tradition in Deutschland. Zugleich mahnte der Minister allerdings die Kirchen, die öffentliche Akzeptanz dieses Instruments nicht durch eine Inflationierung zu gefährden. „Diejenigen, die es gewähren, werden sich allerdings der Frage stellen müssen, ob die Art und Häufigkeit in der es gegenwärtig gewährt wird, nicht die Akzeptanz des Kirchenasyls gefährdet“, erklärte der CDU-Politiker.
Bundesweit geht die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ derzeit von 422 aktiven Kirchenasylen mit mindestens 627 Personen aus. Vor dem Anstieg der Zuwanderung war für Flüchtlinge lediglich in 50 Fällen (2012) und 79 Fällen (2013) Kirchenasyl gewährt worden.