Daniel Wörmann spricht von einer katastrophalen Informationspolitik. „Die Art von Kommunikation ist grenzwertig“, sagt der Vorsitzende des Duisburger Katholikenrats im Hinblick auf Gespräche, die das Bistum Essen mit der Stadt Duisburg über die mögliche Aufgabe des Abtei-Gymnasiums in Hamborn und des St. Hildegardis-Gymnasiums im Dellviertel geführt hat. Dies wurde in den Schulferien bekannt.
Er gibt sich „verwundert“ darüber, dass es Seitens des Bistums gegenüber dem Katholikenrat oder den Pfarrgemeinderäten bisher keinerlei direkte Informationen über die Schulpläne gebe. Das schreibt Wörmann auch in einem offenen Brief an Bischof Franz-Josef Overbeck, Generalvikar Klaus Pfeffer, Hauptabteilungsleiter Markus Potthoff und den Kommissarischen Schuldezernenten des Bistums, Harald Gesing. Wörmann geht davon aus, dass es „nach der Sommerpause einen transparenten, intensiven Diskurs über den Sachverhalt gibt“, wie er dem Neuen Ruhr-Wort sagte. Auch hoffe er, dass eine mögliche Entscheidung in enger Abstimmung mit den handelnden Akteuren vor Ort getroffen werde.
Die Stichworte sind hinreichend bekannt: demographische Entwicklung, sinkende Mitgliederzahlen, weniger Kirchensteuer-Einnahmen. Deshalb sagt Ulrich Lota, Pressesprecher des Bistums Essen: „Diese Entwicklungen und viele weitere Herausforderungen führen dazu, dass seit geraumer Zeit alle Bereiche auf dem Prüfstand stehen, um wirtschaftliche Schieflagen zu vermeiden.“ Und deswegen werde nun auch „über die Zukunftsfähigkeit der Schulen“ gesprochen. Man habe „damit begonnen nachzudenken“. Zugleich betont er: „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es aber keinerlei Festlegungen.“ Aber das heißt im Umkehrschluss, nicht nur für Wörmann, dass es schon Optionen gibt.
Auch die CDU-Fraktion im Duisburger Rat gibt sich „besorgt und bestürzt“. In einem Offenen Brief an Bischof Overbeck fordert Fraktions-Chef Rainer Enzweiler, „von diesbezüglichen Überlegungen wieder Abstand zu nehmen“. Zwar könne die CDU verstehen, wenn das Ruhrbistum „in Zeiten des demographischen und gesellschaftlichen Wandels“ gezwungen sehe, „die Vielfalt seiner Aufgaben“ zu überdenken und „Energien und Potenziale zu bündeln und – wenn nötig – auch Einsparungen vorzunehmen“. Doch sollte dies „nicht auf das Konto der Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern gehen“. Diese hätten die konfessionellen Schulen „bewusst für die schulische Ausbildung, Erziehung und Persönlichkeitsbildung gewählt“. Sie legten einen besonderen Wert auf die religiöse, geistige Bildung und Haltung der beiden Gymnasien. „In einer Stadt wie Duisburg mit ihrem hohen Anteil an Muslimen wäre es das falsche Signal, sich aus der Verantwortung der beiden christlich geprägten Schulen zurückzuziehen“, schreibt der praktizierende Katholik Enzweiler.
„Ein ständig steigender Prozentsatz der im Duisburger Norden lebenden und arbeitenden Bevölkerung ist, wie Sie wissen, muslimischen Glaubens“, so der CDU-Politiker weiter. „Dies spiegelt sich auch im Anteil der islamischen Schülerschaft der um das Abtei-Gymnasium umliegenden Schulen deutlich wider, Anteile von 90 bis nahezu 100 Prozent sind hier keine Seltenheit. Gerade in dieser Umgebung wäre es das richtige Zeichen, an einem katholischen Gymnasium festzuhalten.“
Als konfessionellen Schulen haben sich aus Sicht der CDU, die in Duisburg zusammen mit der SPD eine Große Koalition eingegangen ist, „die beiden beliebten Duisburger Gymnasien“ bewährt und leisten „gute pädagogische Arbeit“. Enzweiler weiter: „Darüber hinaus garantierten aus unserer Sicht nur konfessionelle Schulen eine echte Vielfalt der Bildungslandschaft. Die Abtei-Kirche und die ihr angeschlossenen Einrichtungen bilden den geistig-moralischen Mittelpunkt Hamborns. Dabei soll es bleiben.“ Der CDU-Fraktions-Chef hat dem Bischof ein Treffen angeboten, um mit ihm „in Ruhe über das Thema zu sprechen“. Noch habe er keine Antwort erhalten, sagte er dem Neuen Ruhr-Wort auf Anfrage. „Aber ich werde da auch nicht lockerlassen.“
Essener Schulpolitiker aufmerksam geworden
Auch der Bund der Katholischen Jugend hat seinen Protest bekundet. „Mit ihren großen Schülerzahlen erreichen die katholischen Schulen weit mehr junge Menschen als viele andere kirchliche Institutionen.“ Daher würden „die Pläne des Bistums Essen, die einen Rückzug aus dem essenziellen Feld der Schule vorsehen, entschieden abgelehnt“. Der BDKJ fordert, dass das Bistum „seiner gesellschaftlichen Verantwortung in der Bildung nachkommt“. Die konfessionellen Schulen seien ein wichtiger Teil der Duisburger Schullandschaft „mit wichtiger Kontaktfunktion zwischen christlichem Glauben und jungen Menschen“.
Die Haltung des Bistums zu den katholischen Schulen sei „unverantwortlich“. Dass es erste Gespräche mit dem Bistum gegeben hat, bestätigt auch die Stadt Duisburg: „Mit Blick auf die Vielfalt des schulischen Angebots ist uns sehr daran gelegen, dass die beiden Schulen in bischöflicher Trägerschaft verbleiben. Diesbezüglich sind wir in informellen Gesprächen mit den Verantwortlichen, deren Inhalte auf Wunsch des Bistums vertraulich behandelt werden“, erklärte ein Sprecher der Stadt Duisburg auf Anfrage.
Die Diskussion in Duisburg hat auch Dr. Andreas Kalipke, den schulpolitischen Sprecher der CDU in Essen, aufhorchen lassen: „Das ist ein Anlass für mich. hier nachzufassen.“ Konfessionelle Schulen seien „ein wichiger Baustein in der Schullandschaft“. Das gelte für Essen genauso wie für Duisburg. Die Kirche habe durch Schulen die Möglichkeit, in die Gesellschaft hineinzuwirken.
Bistumsweit gibt es derzeit 13 Schulen in katholischer Trägerschaft, sieben davon sind in Trägerschaft des Bistums Essen. Die Kirche übernimmt sechs Prozent der sogenannten „refinanzierungsfähigen Kosten“, 94 Prozent tragen auch bisher schon Stadt und Land. Sein Anteil an den tatsächlichen Kosten sei zuletzt auf rund 15 Prozent gestiegen, so Lota. Dies habe man getan, um die gute Qualität in den Schulen zu gewährleisten. Außerdem gewährt das Bistum Essen einen festen Zuschuss an die B.M.V.-Schule und das Don-Bosco-Gymnasium, die in Trägerschaft der Orden stehen.
Der Stadt Essen liegen zurzeit keine Informationen über etwaige Bestrebungen des Bistums vor, wie eine Sprecherin auf Anfrage erklärte. Gespräche seien noch nicht geführt worden. Daniel Wörmann fragt sich zumindest, ob sich hieran nicht schon eine Vorentscheidung des Bistums ablesen ließe, da es in Essen wohl eine größere katholische Klientel gebe als in einer Stadt wie Duisburg.
Am Freitag morgen nun veröffentlichte das Bistum Essen eine Stellungnahme Generalvikar Klaus Pfeffer: „Das Bistum Essen will seine Bischöflichen Schulen erhalten und Unsicherheiten für Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer vermeiden.“ Allerdings, so Pfeffer, werde man dieses Ziel mittelfristig ohne Unterstützung nicht erreichen können. „Darum suchen wir derzeit das Gespräch mit den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung“, so der Generalvikar weiter. „Ich bin zuversichtlich, dass wir gute und nachhaltige Lösungen finden und die Anmeldezahlen an unseren Schulen konstant bleiben werden.“
Das Bistum wolle „auch in Zukunft mit der Arbeit für Kinder, Jugendliche und Familien einen wesentlichen Schwerpunkt setzen und darum auch in der Trägerschaft von Kitas und Schulen verbleiben – allerdings in einem Rahmen, der es ermöglicht, die gute Qualität der jeweiligen Einrichtungen zu sichern, und der wirtschaftlich leistbar ist.“ Es sei sich der Bedeutung der Schulen in kirchlicher Trägerschaft sehr bewusst sei.
Zugleich wisse man um die Verantwortung für die Kinder, Jugendlichen und deren Familien, die den Schulen in kirchlicher Trägerschaft eine hohe Wertschätzung und ein hohes Maß an Vertrauen entgegen bringen. „Auch deshalb stellen wir uns den zu erwartenden Herausforderungen und verschweigen nicht, dass wir mittelfristig nicht in der Lage sein werden, die Trägerschaft aller Schulen in einer Weise aufrecht zu erhalten, die den hohen Qualitätsansprüchen genügt“, so Pfeffer.
Dies gelte insbesondere für die Investitionsverpflichtungen, die das Ruhrbistum als Schulträger habe, um seine Schulgebäude auf hohem Standard zu halten. In einem ersten Schritt habe der Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat des Bistums Essen in seinen Beratungen den Handlungsbedarf bestätigt und die Empfehlung ausgesprochen, erste Sondierungsgespräche anzustoßen. Solche Gespräche bräuchten „in einem ersten Schritt einen geschützten Raum, weil es darum geht, verschiedene Möglichkeiten auszuloten und frei zu denken, ohne unter Entscheidungsdruck zu stehen“.