Angesichts der Missbrauchsfälle in der Kirche kritisiert die „Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen“ (VkPF) eine langjährige Diffamierung ihrer Mitglieder. „Wir wurden in diffamierender Weise als die ,Abgefallenen’ bezeichnet, während in Tausenden von Fällen Missbrauch und heimliche Beziehungen heterosexueller und homosexueller Priester und Bischöfe von der kirchlichen Hierarchie gedeckt wurden“, heißt es in einer am Mittwoch in Oberhausen veröffentlichten Mitteilung der Organisation.
Sie vertritt nach eigener Darstellung Priester, die wegen einer Partnerschaft ihren Beruf verloren, und Frauen, die mit Priestern eine Lebensgemeinschaft gegründet hätten – außerdem Ordensleute, die das Kloster verlassen hätten, sowie Kinder aus diesen Beziehungen. Die Vereinigung setzt sich für eine Aufhebung der verpflichtenden Ehelosigkeit katholischer Priester ein.
„Nicht wieder gut zu machender Schaden“
Viele Geistliche, die ihre Liebe nicht mehr hätten geheim halten wollen, seien vor „das existenzielle Aus gestellt“ worden, kritisierte der Zusammenschluss. Sie hätten dadurch „einen nicht wieder gut zu machenden moralischen, psychologischen und existenziellen Schaden“ erlitten.
„Bei vielen hat man jahrelang gewartet eine Dispens im Sinne der Laisierung zu erteilen und uns damit den Weg zurück in einen kirchlichen Dienst unmöglich gemacht“, heißt es in der Erklärung, in der auf den Fall in einer süddeutsche Diözese verweist, deren Personalchef einem ausscheidenden Priester gesagt habe, die „Bäckereien suchten auch Aushilfen“. Obwohl er 25 Jahre lang als Lehrer tätig gewesen sei, „wurde ihm jedwede weitere Tätigkeit als Religionslehrer verweigert, noch ihm geholfen im Lehrerberuf in einer staatlichen Schule Anschluss zu finden.“
Die Vereinigung fragt: „Welch eine menschenverachtende Haltung kommt hier zum Vorschein? Was glauben sich katholische Hierarchen erlauben zu können im Angesicht Jesu Christi und des Evangeliums?“
„Missbrauch Resultat unreifer Sexualität“
Die VkPF hat es sich seit zum Ziel gesetzt dafür zu kämpfen, die im Kirchenrecht verankerte gesetzliche Verpflichtung der unverheirateten Diakone, der Priester und der Bischöfe zur zölibatären Lebensform abzuschaffen. „Dies tun wir, weil wir aus unserer eigenen Erfahrung und durch den Dialog mit vielen Betroffenen welcher geschlechtlicher Orientierung auch immer, gelernt haben, dass gelebte Sexualität für weitaus den größten Teil dieser Menschen, von existentieller Bedeutung ist“, heißt es in der Erklärung.
Die Missbrauchsstudie habe in einem Punkt ein glasklares Ergebnis: „Missbrauch ist im Wesentlichen das Resultat von unreifer Sexualität und hierarchisch-klerikalen Machtstrukturen.“ Die Vereinigung möchte „hier nur auf die erste Ursache eingehen, da das Problem der Machtstrukturen die Frage einer grundlegenden Verfassungsreform der katholischen Kirche berührt“. Dies sei ein noch fundamentaleres Problem, auch unter theologischen und kirchenrechtlichen Gesichtspunkten.
„Mechanismen der Unterdrückung und Verdrängung“
Die Problematik der unreifen Sexualität bei Priesteramtskandidaten und Priestern im Dienst stelle deutlich heraus, dass der Zölibat „ein Kulminationspunkt der sexualfeindlichen Grundhaltung der katholischen Kirche und einer realitätsfernen und damit, im Sinne der Tradition, völlig unklugen Sexualmoral ist“. In der Kirchen seien „Mechanismen der Unterdrückung und Verdrängung am Werk“, deren Ergebnis „in seiner teuflischen Spitze der monströse sexuelle Missbrauch Minderjähriger und Abhängiger“ sei.
Die Vereinigung bezieht sich nach eigenen Worten auf „Ergebnisse der Sexualwissenschaften, der Psychologie und der Soziologie zur Realität menschlicher Sexualität“. Die „geradezu fundamentalistische Beharrung des ,Lehramtes’ auf Positionen einer Tradition, die der modernen Wissenschaft abhold ist, ist inzwischen nur noch skurril“.
„Unheilige Allianzen“
Auf diese Weise kämen „unheilige Allianzen wie die zwischen Papst Johannes Paul II. und dem Gründer der Legionäre Christi Marcial Maciel zustande, mit dem der Papst ganz offiziell sein 60-jähriges Priesterjubiäum feierte, obwohl der Kurie die von Maciel begangenen Missbräuche an Kindern und Frauen bereits lange bekannt waren“. Die „hochmütige Verteidigung des Zölibatsgesetzes und einer rigiden Sexualmoral im Angesicht einer oftmals von Heuchelei geprägten Wirklichkeit“ in der katholischen Kirche mache deutlich, wie sehr dieses Sprichwort die derzeitige Situation der katholischen Hierarchie treffe.
„Wir sind der Meinung, dass es ein erster Schritt in Richtung Selbstwahrnehmung und Annahme der menschlichen Wirklichkeit wäre, wenn der Zölibat als Gesetz umgehend abgeschafft, beziehungsweise in den deutschen Diözesen konkrete Schritte zu einer Abschaffung eingeleitet würden“, heißt es in der Stellungnahme, die darauf hinweist, dass Papst Franziskus die Bischöfe aufgefordert habe, mehr von der ihnen eigenen Autorität Gebrauch zu machen. „Darum sollten ganz konkret einzelne Bischöfe, die Aufhebung der Zölibatsvorschrift für ihre Diözese beantragen oder wenn möglich sogar die gesamte Deutsche Bischofskonferenz“, heißt es in dem Papier weiter. Die Zeit dränge