Ökumenisches Patriarchat bereitet ukrainisches Konzil vor

Die Ukraine hat für Teile des Landes das Kriegsrecht verhängt. Vorangegangen war eine russische Attacke gegen ukrainische Schiffe. In ähnlich unruhigen Gewässern segeln derzeit die orthodoxen Kirchen der Region.

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Die Ukraine steht offenbar kurz vor der umstrittenen Gründung einer eigenständigen (autokephalen) orthodoxen Landeskirche. Das Leitungsgremium des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel will nach eigenen Angaben auf seiner von Dienstag bis Donnerstag dauernden Versammlung in Istanbul den „konkreten Termin im Dezember“ für das ukrainische Vereinigungskonzil festlegen. Das Konzil soll die Spaltung der orthodoxen Kirche in dem osteuropäischen Land überwinden und ein Oberhaupt wählen.

Als Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie kommt dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., dabei eine Schlüsselrolle zu. Der Vereinigungsprozess der bisher drei orthodoxen Kirchen in der Ukraine solle bald abgeschlossen werden, damit die „neueste autokephale Schwesterkirche“ entstehe, hatte er am Wochenende gesagt. Aus Protest gegen die Ukraine-Initiative von Bartholomaios I. hatte die russisch-orthodoxe Kirche Mitte Oktober ihren Gläubigen den Besuch von Gottesdiensten in Kirchen des Ökumenischen Patriarchats verboten. Auch die Zusammenarbeit mit Konstantinopel beendete sie.

Der ukrainische Parlamentspräsident Andrej Parubij rief unterdessen den Ökumenischen Patriarchen auf, das Konzil schnellstmöglich einzuberufen. Russland versuche, die Gründung einer ukrainischen Landeskirche zu verhindern, schrieb er auf Twitter. Das am Montag von Kiew für 30 Tage beschlossene Kriegsrecht für Teile der Ukraine erschwere die Durchführung des Vereinigungskonzils hingegen nicht.

In der Ukraine konkurrieren seit dem Ende der Sowjetunion 1991 drei große orthodoxe Kirchen miteinander. Die meisten ukrainischen Pfarreien zählt die mit dem orthodoxen Moskauer Patriarchat verbundene Kirche. Diese Kirche betrachtet die Angehörigen des 1992 gegründeten Kiewer Patriarchats und der 1921 entstandenen „Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche“ als Schismatiker und lehnt eine Vereinigung mit ihnen ab. Fast alle ihre rund 90 Bischöfe wollen dem im Dezember in Kiew geplanten Konzil fernbleiben.

Metropolit Hilarion, Außenamtschef der russsich-orthodoxen Kirche, erklärte das Vereinigungskonzil bereits für gescheitert. Die russische Kirche besteht auf ihrer bisherigen Oberhoheit über die Ukraine und wirft Konstantinopel eine unzulässige Einmischung in dem Land vor.

Dagegen dringt der ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko seit langem auf die Schaffung einer eigenständigen orthodoxen Landeskirche. Die Verleihung der kirchlichen Eigenständigkeit (Autokephalie) durch Konstantinopel sei der „letzte Beweis, dass die Ukraine den Status einer Kolonie losgeworden ist“, sagte er vor wenigen Tagen. Poroschenko besuchte auch mehrfach Bartholomaios I. in Istanbul. Anfang November unterzeichnete er mit ihm ein Abkommen zur Gründung der Kirche, dessen Inhalt allerdings nicht veröffentlicht wurde.

An der Sitzung des Heiligen Synod in Istanbul nimmt nach Angaben Poroschenkos auch sein Berater Rostyslaw Pawlenko teil. Auch Metropolit Augoustinos von Deutschland gehört wie elf weitere Bischöfe dem Leitungsgremium des Ökumenischen Patriarchats an. Geleitet wird es von Patriarch Bartholomaios I. Zum Auftakt der Sitzung kam der Heilige Synod mit Griechenlands Bildungs- und Religionsminister Kostas Gavroglu zusammen.

In der ukrainischen Gesellschaft spielt Religion traditionell eine große Rolle. Rund 70 Prozent der Bürger sind orthodoxe Christen. Kiew gilt auch als Wiege der russischen Orthodoxie. 988 begann hier die Christianisierung des damaligen Ostslawen-Reichs.

Von Oliver Hinz (KNA)