Das Bistum Münster sieht beim früheren Bischof Reinhard Lettmann Fehler im Umgang mit sexuellen Missbrauchstaten durch einen Priester. In seiner Zeit als Generalvikar sei Lettmann mitverantwortlich dafür gewesen, dass der bereits wegen Missbrauch verurteilte Geistliche Heinz Pottbäcker 1971 als Kaplan nach Rhede versetzt wurde, sagten Vertreter der Diözese am Dienstagabend in dem zum Kreis Borken gehörenden Ort. Sie äußerten sich bei einer Informationsveranstaltung zur Aufarbeitung des Falls Pottbäcker vor rund 150 Teilnehmern.
Der stellvertretende Generalvikar Jochen Reidegeld sprach von einer großen Schuld der Verantwortlichen. „Kinder wurden zu Opfern von Heinz Pottbäcker und hätten es nicht werden müssen.“ Der Gedanke, den Priester ganz aus dem Dienst der Kirche zu nehmen, sei nie gekommen. Bislang habe das Bistum Kenntnis von vier Betroffenen in Rhede; allein zwei Missbrauchsopfer hätten sich im Vorfeld der Info-Veranstaltung gemeldet.
Reidegeld verlas eine Stellungnahme von Münsters Bischof Felix Genn, in der er um Vergebung bittet für die Fehler der „kirchlichen Verantwortungsträger“. Er erwähnt aber den Namen seines Amtsvorgängers Lettmann (1933-2013) nicht. Dieser war von 1967 bis 1973 Generalvikar, dann Weihbischof und von 1980 bis 2008 Bischof in Münster.
Wie das ehemalige Mitglied der diözesanen Missbrauchskommission, Hermann Kahler, erläuterte, wurde der 2007 verstorbene Pottbäcker vier Jahre nach seiner Priesterweihe vom Landgericht Bochum 1968 wegen Unzucht mit einem Kind in Waltorp zu neun Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Es folgten zahlreiche Versetzungen, darunter die nach Rhede. 1983 erhielt Pottbäcker einen Strafbefehl von 12.500 Mark, nachdem er sexuelle Handlungen an drei Jungen in seiner Zeit als Pfarrer in Recklinghausen gestanden hatte. In der Folge war er nicht mehr in der Gemeindeseelsorge, sondern als Geistlicher in einem Ordenshaus oder als Krankenhauspfarrer tätig.
Kahler warf den Bistumsverantwortlichen Inkompetenz im Umgang mit Pottbäcker vor. Zwar habe dieser Therapien erhalten. Jede Versetzung habe ihren Grund aber darin gehabt, dass der Priester sich nicht an die Auflage gehalten habe, keine Minderjährige mehr zu empfangen. Konsequente Kontrolle, disziplinarische Maßnahmen oder eine Bewährungshilfe habe es nicht gegeben.
Laut Reidegeld steht die Aufarbeitung erst ganz am Anfang. Dazu reichten die oft unvollständigen Personalakten nicht aus. Durchgesehen werden müssten nun auch sämtliche andere Akten der kirchlichen Archive, darunter Protokolle von Personalkonferenzen und die Korrespondenz der Bischöfe. Dies solle durch unabhängige Dritte geschehen.