Am 4. Dezember wird sie in vielen Orten gefeiert: die Heilige Barbara. Die Volkskundler beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) erforschen die Verehrung der Heiligen und die damit verbundenen Bräuche. Vor allem Bergleute sind es, die die Heilige verehren.
„Dass Barbara zur Bergbauheiligen schlechthin geriet, ergab sich erst sehr spät“, erklärt Volkskundler Thomas Schürmann. Einer mittelalterlichen Legende nach sei Barbara im 4. Jahrhundert als Tochter eines wohlhabenden Heiden in Kleinasien aufgewachsen. Um ihre Bekehrung zum Christentum zu verhindern, habe ihr Vater sie in einen hohen Turm gesperrt. Als auch das nicht geholfen habe, habe er sie eigenhändig mit dem Schwert enthauptet.
Vom Blitz getroffen
„Dafür wurde er flugs vom Blitz getroffen; die Tochter aber wurde in der Ost- wie in der Westkirche als Heilige verehrt“, so Schürmann. Seit dem 15. Jahrhundert gehört sie zu den 14 Nothelfern, die in der katholischen Kirche als Schutzpatrone im Gebet angerufen werden und in der evangelischen Kirche als besondere Vorbilder im Glauben gelten. Sie wurde zur Patronin der Architekten, der Maurer, der Artilleristen und in zunehmendem Maße auch der Bergleute.
„Im westfälischen Bergbau setzte sich Barbara als Patronin wohl erst im 19. Jahrhundert durch. Andere Heilige wie Antonius von Padua, Daniel oder Silvester gerieten in ihrer Rolle als Beschützer des Bergbaus in den Hintergrund“, sagt Schürmann. „In Westfalen, und besonders im Ruhrbergbau, geht die Verehrung der Barbara als Bergbauheilige vor allem auf oberschlesische Zuwanderer zurück: Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden Barbaravereine, Barbarafeiern und Barbarakirchen“.
Festigung der bundesdeutschen Gesellschaft
Einen besonderen Verbreitungsschub erlebte die Barbaraverehrung nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Zuzug oberschlesischer Vertriebener. Als Bergbauheilige mit ost- und später mit gesamtdeutschem Hintergrund stand Barbara für die Integration heimatvertriebener Bergleute. „Und es kam wohl auch ein weiteres Motiv hinzu: Die Heilige vermittelte dem Bergbau ein christliches Fundament, das nach den geistigen Verheerungen durch die NS-Zeit umso nötiger erschien. Hier trug die Barbaraverehrung zu der unter christlich-abendländischen Vorzeichen stehenden Festigung der bundesdeutschen Gesellschaft der 1950er Jahre bei“, so Schürmann.
Im Ibbenbürener Steinkohlerevier, zu dem auch die Gemeinde Mettingen gehört, scheint Barbara nach Informationen der LWL-Volkskundler als Bergbauheilige überhaupt erst nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt geworden zu sein: Seit den 1950er Jahren entstanden hier Denkmäler der Heiligen, eine Barbarakirche und eine Barbaraschule, auch wurden Straßen und Apotheken nach ihr benannt.
Konfessionellen Grenzen überschritten
Die Barbaraverehrung hat auch die konfessionellen Grenzen überschritten: Barbaramessen werden auch von evangelischen Christen besucht, und auch viele Bergleute, die nicht zur Kirche gehen, haben eine Barbarafigur zu Hause. Damit ist der 1954 geäußerte Wunsch „Der Barbaratag soll Traditionsfest aller Bergleute sein“ längst Wirklichkeit geworden.