Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck (54) hadert nach eigenen Worten „teils schon sehr“ mit der Kirche in ihrer gegenwärtigen Gestalt. Mit Blick auf die Fälle von sexuellem Missbrauch sagte er der „Rheinischen Post“ (Online-Ausgabe Montagabend): „Ich bin oft der Verzweiflung nahe.“ Er habe sein Grundvertrauen in die Kirche zwar nicht verloren, frage sich aber schon, „welche Möglichkeiten eine Kirche hat, in der so etwas und in solch systematischer Weise geschehen kann“.
Jetzt gelte es Aspekte von Macht, Sexualmoral sowie Priesterleben und Priesterbild „ganz offen zu diskutieren“, so Overbeck weiter. Dieser Prozess sei nicht in einem halben Jahr abgeschlossen. Vielleicht könne das von Papst Franziskus für Februar einberufene Gipfeltreffen aller Bischofskonferenzen dazu einen Anstoß geben. In diesem Zusammenhang müsse auch über den Pflichtzölibat für Priester geredet werden, fügte der Essener Bischof hinzu.
Auf die Frage, ob es künftig vorstellbar sei, dass die katholische Kirche gleichgeschlechtliche Paare segnet, antwortete Overbeck, eine seelsorgliche Begleitung sei jetzt schon möglich und notwendig. „Alle anderen Fragen hängen mit dem Verständnis von Ehe zusammen und damit auch mit der Frage nach Fruchtbarkeit – eine der Grundperspektiven menschlicher Sexualität.“
In der Weltkirche gebe es dazu extrem unterschiedliche Ansichten, betonte Overbeck. „Mir ist es dabei ein Anliegen, darauf aufmerksam zu machen, dass man nicht einzelne Gruppen wegen ihrer sexuellen Orientierung für Fehlentwicklungen verantwortlich machen kann. Wenn wir weltkirchlich wenigstens auf dieser Ebene einen Schritt voran kämen und diese Form der Diskriminierung aufhören würde, wäre dies ein großer Fortschritt.“