„Jeder Mensch kann äußerst respekt- und liebevolle zwischenmenschliche Beziehungen eingehen“, betont Overbeck unter der Überschrift „Vorurteile überwinden!“ in einem Beitrag für die aktuelle Ausgabe der „Herder Korrespondenz“.
Bestimmte Gruppen von Menschen von dieser Einschätzung auszuschließen, sei „Ausdruck eines Vorurteils, das für Betroffene schwer zu ertragen ist und letztlich zu ihrer Diskriminierung oder gar Kriminalisierung beiträgt“, so der Bischof. Overbeck wirbt dafür, dass die Theologie bei Fragen der Sexualmoral und insbesondere der Homosexualität „die kulturell zeitbedingten Vorstellungen, die in biblischen Aussagen über gleichgeschlechtliche Sexualität auch transportiert werden“, auch im Licht anderer Disziplinen reflektiert – etwa der Humanwissenschaften. Die kirchliche Lehre dürfe sich „nicht gegenüber der Geschichtlichkeit der menschlichen Existenz und ihrer vertieften Erkenntnis abschotten“.
Vorurteile vergangener Zeiten überwinden
Die katholische Kirche könne „im Grunde nur froh sein, wenn aufgrund vertiefter Erkenntnisse über die menschliche Sexualität Vorurteile vergangener Zeiten, die bis heute fatal nachwirken, überwunden werden“, schreibt Overbeck. Diese „Entpathologisierung“ der Homosexualität bedeute für die Betroffenen „eine überfällige Befreiung aus teilweise immensen Leidensgeschichten in Vergangenheit und Gegenwart. Nun sei es Zeit, „die kirchliche Debatte über die Wahrnehmung und Bewertung von Homosexualität so zu führen, dass die kaum vernarbten Wunden vergangener Verletzungen nicht erneut aufgerissen werden“.
Die bloße Wiederholung der bisherigen Wahrnehmung und Wertung von Homosexualität allein auf naturrechtlicher Basis“ sei der falsche Weg. Vielmehr müsse auf „die Vernunftmäßigkeit der christlichen Moral“ geachtet werden, dabei seien „zeitbedingte“ Aussagen der biblischen Aussagen über gleichgeschlechtliche Sexualität zu unterscheiden von „überzeitlichen Aspekten der biblischen Ethik.“ Overbeck warnt davor, bisherige Mechanismen der Diskriminierung oder sogar Kriminalisierung fortzuschreiben und dadurch „kaum vernarbte Wunden vergangener Verletzungen“ erneut aufzureißen.
Energisch wendet sich Overbeck gegen eine Verbindung dieser Diskussion mit der Missbrauchsdebatte: „Weder die hetero- noch die homosexuelle Orientierung eines Menschen als solche kann und darf als Ursache für sexuellen Missbrauch betrachtet werden.“ Es sei daher „geradezu abwegig“ zu behaupten, das Problem sexuellen Missbrauchs ließe sich etwa dadurch lösen, den Zugang zum Priestertumnur auf heterosexuelle Männer zu beschränken.