Kohlgraf: Zölibat ist nicht „vollkommenere Form“ der Nachfolge

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat sich gegen eine Überhöhung der ehelosen priesterlichen Lebensform ausgesprochen. „Der Zölibat ist nicht die vollkommenere Form der Christusnachfolge, als die er manchmal vertreten worden ist“, schreibt Kohlgraf in den Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz. Auch Menschen, die in einer Ehe und Familie den Glauben im Alltag lebten, könnten einen „vollkommenen Weg“ der Nachfolge Christi gehen. Seit den Zeiten Jesu und der ersten Jünger gebe es unterschiedliche Wege der Nachfolge.

(Foto: Bistum Mainz)

Kohlgraf betonte zugleich: „Ich möchte den Zölibat nicht abschaffen. Weil er eine vom Evangelium selbst vorgeschlagene Lebensform darstellt.“ Jesus selbst habe so gelebt. Gäbe es den Zölibat nicht mehr, wäre dies eine „Verarmung des kirchlichen Lebens“. Die im September vorgestellte Missbrauchsstudie habe aber „unser Bewusstsein dafür neu geschärft, besonders den Priestern zu helfen, nicht in die Einsamkeit und in eine geistliche Leere zu geraten“.

„Kein Denk- oder Sprechtabu“

Es lasse sich zudem „nicht ausschließen, dass auch Verheiratete zum priesterlichen Dienst berufen sein können, wie es ja auch schon in bestimmten (Einzel-)Fällen in der Kirche Praxis ist“, so Kohlgraf. „Diese Gruppe zu weiten – darum geht es mir.“ Allerdings seien noch viele Fragen offen: „Die Wege in der Berufungsfindung und -unterscheidung, Kriterien der Auswahl, die Ausbildung, mögliche Einsatzfelder und manches andere.“ Er wolle hier „kein Denk- oder Sprechtabu“, aber auch keine „plakativen Parolen“, so Kohlgraf.

Zuvor hatte am Mittwoch der Limburger  Bischof Georg Bätzing erklärt, er könne sich eine Aufhebung des Pflichtzölibats für Priester in Deutschland gut vorstellen. „Ich glaube, es schadet der Kirche nicht, wenn Priester frei sind, zu wählen, ob sie die Ehe leben wollen oder ehelos leben wollen“, sagte Bätzing in einem Interview, das am Mittwochabend im Radioprogramm hr-info des Hessischen Rundfunks ausgestrahlt wurde. Dies würde bedeuten, die Lebensform für Priester „freizustellen“, so Bätzing.

„Mir ist der Zölibat viel wert“

Zugleich sei es aber wichtig, den Zölibat als Lebensform zu „retten“, ergänzte der Bischof: „Mir ist der Zölibat viel wert. Denn so hat Jesus gelebt. Als Priester will ich nicht nur Funktionär und Beamter sein, sondern will eigentlich in seinen Fußstapfen gehen.“ Bei einer Freistellung des Zölibats, so Bätzing weiter, wäre es wohl so, „dass die meisten Priester heiraten“, so wie dies auch in der evangelischen Kirche der Fall sei. Dort aber sei die wertvolle Lebensform des Zölibats nahezu verschwunden: „Im Grund gibt es in der evangelischen Kirche nicht mehr das gelebte Zeugnis der Ehelosigkeit in der Nachfolge Jesu.“ Deshalb müsse man Formen finden, die eine wie die andere Lebensform zu stärken.

Klar sei aber auch: „Die Ehelosigkeit ist mit dem Priesteramt nicht wesentlich verbunden. Und wenn sie mehr und mehr zum Hindernis wird, dann müssen wir das überdenken.“ Eine Freigabe des Zölibats könne er als Ortsbischof aber nicht verfügen, dies müsste vom Papst rechtlich erlaubt werden.

„Außerordentlich dankbar für Papst Franziskus“

Er selbst stehe deshalb in einem „Dilemma“, sagte Bätzing zu hr-info. Ohne seinen Eid auf das Glaubensbekenntnis und die Lehre der Kirche wäre er nicht Bischof geworden. Zugleich wisse er auch, dass – falls innerhalb des Kirchenvolkes etwa im Bistum Limburg abgestimmt würde – das Ergebnis „vermutlich sehr stark in die Richtung der Freigabe gehen“ würde.

Eine nationale Lösung, wie sie etwa der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf angeregt habe, sei „selbstverständlich eine Option“, betonte Bätzing. Aber diese Option müsse den Bischöfen rechtlich vom Papst gegeben werden: „Sonst können wir es nicht tun, da bin ich mit Peter Kohlgraf ganz einer Meinung.“ Er sei aber, so der Bischof, „außerordentlich dankbar für Papst Franziskus“, der in einigen Fragen schon gesagt habe, er könne sich regionale Lösungen vorstellen: „Ich bin sehr dafür, dass man das tut.“

kna/rwm