Von Donnerstag bis Sonntag geht es bei einem internationalen Gipfel im Vatikan um den Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche. Papst Franziskus hat das Treffen nach Berichten über zahlreiche Missbrauchsfälle in den vergangenen Jahrzehnten einberufen.
Im Zentrum des Gipfels stehen die Themen Verantwortlichkeit und Transparenz. Dabei sollen die rund 190 Teilnehmer vor allem zuhören und verstehen. Missbrauchsopfer werden – auch per Video – von ihren Leiden berichten. Der Papst will nach einem Bußgottesdienst am Samstag und einer Messe am Sonntag die Ergebnisse in einer Grundsatzrede zusammenfassen.
Die größte Teilnehmergruppe stellen die rund 140 Vorsitzenden aller nationalen Bischofskonferenzen weltweit einschließlich der Leiter der Ostkirchen. Hinzu kommen 22 männliche und weibliche Ordensobere, die Chefs von 14 Vatikanbehörden, die verbliebenen sechs Mitglieder des Kardinalsrates sowie Kinderschutzexperten, Missbrauchopfer und Referenten.
Opferverbände betonten im Vorfeld, ihr zentrales Ziel für den Gipfel sei „Null Toleranz“ gegenüber Tätern wie Verantwortlichen, die solche Verbrechen vertuschten. In allen Fällen müssten überführte Beschuldigte den staatlichen Behörden übergeben werden. Eine solche Vorschrift müsse am Ende des Treffens stehen, forderte der Gründer des Netzwerks „Ending Clergy Abuse“, der US-Psychotherapeut Peter Isely.
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hofft, „dass der Gipfel einen positiven Wendepunkt bringt“. Andernfalls könnte er zu einem „historischen Fiasko“ werden, sagte er dem katholischen Kölner Internetportal domradio.de. Die Chefetage der Kirche müsse „ein glaubwürdiges und authentisches Bekenntnis verkünden“, dass die Kirche Schuld auf sich geladen habe. Und diese müsse „ohne Wenn und Aber“ abgetragen werden – egal, wie schmerzhaft das sei.
Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, nannte „Machtmissbrauch“ als wesentlichen Grund für Missbrauch in der Kirche. Allerdings sei er „skeptisch“, ob beim Vatikan-Gipfel die „systemischen Fragen“ schon „in der Tiefe“ besprochen werden könnten.
Der Jesuit Klaus Mertes, der 2010 als damaliger Leiter des Berliner Canisius-Kollegs die Debatte um das Thema Missbrauch in der Kirche ins Rollen brachte, nannte es fraglich, ob die Erkenntnis, „dass es systemische Hintergründe für Missbrauch gibt – wirklich ganz in Rom ankommt“. Erforderlich seien „Strukturen, die Intervention ermöglichen“, sagte der Ordensmann: „Und das müssen die Bischöfe in Rom jetzt angehen.“
Über Konsequenzen des Gipfels wird Franziskus in der Woche danach mit den Organisatoren beraten. Geplant sind kurzfristige wie auch mittel- und langfristige Schritte. Konkrete erste Auswirkungen könnte es bei der Priesterausbildung und im kirchlichen Strafrecht geben. Für grundlegende Änderungen in der Moraltheologie oder bei der Zölibatsvorschrift wäre ein allgemeines Konzil notwendig.