Die Skandale der Kirche haben nach Ansicht des Religionssoziologen Gert Pickel auch Auswirkungen auf die Glaubensweitergabe. „Zwischen Kirche und Religion besteht eine enge Beziehung – hat man von der einen ein schlechtes Bild, wirkt sich das auch auf die Bewertung der anderen aus“, sagte der evangelische Theologe am Donnerstagabend in Leipzig. „Wer ein schlechtes Bild von Kirche hat, legt auch auf die Weitergabe des Glaubens etwa an die Kinder weniger Wert.“
Studien zeigten, so Pickel, dass die Skandale zudem auch das soziale Engagement der Kirchen diskreditierten. „Kirche hat inzwischen so ein schlechtes Image, dass dadurch auch eine Rückbesinnung auf ihre soziale Komponente, die von den Menschen eigentlich immer positiv wahrgenommen wurde, deutlich erschwert wird“, erklärte der Religionssoziologe.
Pickel führte aus, die immer ungünstigere Wahrnehmung von Kirche in der Gesellschaft schlage sich nicht zuletzt in der aktuell starken Austrittswelle nieder. Dabei sei interessant zu beobachten, dass die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche „auch bei den Protestanten nicht zu knapp für Austritte sorgen“, so die Einschätzung des Leipziger Uniprofessors.
Insgesamt bilanziert er: „Die aktuellen Vertrauens- und Imageverluste treffen Kirche und Religion sehr empfindlich und beschleunigen den Mitgliederschwund zusätzlich.“ Menschen, die aus der Kirche austreten, gäben sehr häufig als Grund „Unglaubwürdigkeit der Kirche“ an. Vor diesem Hintergrund werde es immer schwerer, Menschen für Kirche und Religion zu begeistern.