Der Psychotherapeut und Theologe Manfred Lütz plädiert für eine „Entmachtung der Priester“ in der katholischen Kirche. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) habe das Priesteramt „als Dienst und nicht als Macht definiert“, sagte Lütz dem Magazin „chrismon“ (Mai-Ausgabe). „Wenn Priester nicht kapieren, dass sie den Menschen dienen sollen, sind sie ungeeignet.“ Der Psychiater wörtlich: „Ich bin für eine Entmachtung der Priester und für mehr Macht für Frauen in der Kirche.“ Er fügte hinzu: „Warum sind nicht mindestens die Hälfte der Personal- und Finanzchefs in der Kirche Frauen?“
Im 18. Jahrhundert seien in den katholischen Ländern Frauen führend gewesen, etwa Erzherzogin Maria Theresia von Österreich. „Und die starken Persönlichkeiten in der katholischen Kirche waren im 19. Jahrhundert durchweg Frauen, die Ordensgründerinnen.“ Inzwischen sei die Situation so, dass „die katholische Kirche in Deutschland heute so männerdominiert ist wie nie zuvor, weil in den riesigen kirchlichen Institutionen überall Männer an den Schalthebeln sitzen“.
Der katholische Theologe und Bestseller-Autor fügte hinzu: „Historiker sagen uns, dass es kein Zufall ist, dass sich die Frauenemanzipation in christlichen Gesellschaften entwickelt hat. Und Feministinnen betonen, dass der einzige Ort, an dem man im Mittelalter einer patriarchalen Gesellschaft entgehen konnte, die katholischen Orden waren.“ So könne man „Konservativen, die eine Männerkirche in Stein meißeln möchten, die wirkliche Geschichte um die Ohren hauen“.