Papst verschärft Kampf gegen Missbrauch

Mit strengeren Kirchenrechtsnormen will Papst Franziskus den Kampf gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche verschärfen. Das am Donnerstag veröffentlichte Gesetz sieht neue Verfahrensweisen für die Strafanzeige vor und führt eine weltweite Anzeigepflicht ein.

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Erstmals gibt es zudem Regeln für die Untersuchung gegen Bischöfe, die Ermittlungen vertuscht oder verschleppt haben. Das Gesetz verpflichtet die kirchlichen Stellen außerdem, die staatlichen Strafermittler in ihrer Arbeit zu unterstützen. Zudem müssen alle Bistümer bis spätestens Juni 2020 ein leicht zugängliches Meldesystem für Anzeigen einrichten.

Derartige Maßnahmen waren unter anderem von Opferverbänden, Politikern und zahlreichen Bischöfen der Weltkirche gefordert worden. Die US-amerikanischen Bischöfe erklärten in einer ersten Reaktion, die Vorschriften zeigten, dass der Papst „schnelle und umfassende Fortschritte“ erwarte. Sie selbst fühlten sich in ihrem Kurs bestätigt.

Für die Deutsche Bischofskonferenz begrüßte deren Missbrauchsbeauftragter Stephan Ackermann die neuen Regelungen. Unter anderem lobte der Trierer Bischof, dass die neuen Normen weiter gingen als bisherige Straftatbestände des kirchlichen Rechts – sowohl bei den Beschuldigten als auch beim Blick auf die Opfer.

Positiv hob Ackermann hervor, dass in einem eigenen Artikel vermerkt sei, „dass den mutmaßlich Betroffenen nicht nur mit Respekt begegnet werden soll, sondern auch diverse Hilfen anzubieten sind“. Wichtig sei auch die unmissverständliche Feststellung, dass die kirchlichen Normen nicht die „jeweils von den staatlichen Gesetzen festgelegten Rechte und Pflichten beeinträchtigen, insbesondere diejenigen in Bezug auf allfällige Meldepflichten an die zuständigen zivilen Behörden“.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sprach auf Anfrage von einer weiteren wichtigen Maßnahme zur Bekämpfung von sexueller Gewalt sowie von Leugnung und Vertuschung. Für die Weltkirche gebe es nun „begrüßenswerte Standards“.

Zugleich äußerte er Verständnis dafür, dass es nicht automatisch eine Meldepflicht an staatliche Behörden gebe. Die Leitlinien gälten für die Weltkirche, gab Rörig zu bedenken. Und nicht in allen Ländern der Welt gebe es rechtsstaatliche Standards. Er betonte, dass die Regelungen des Papstes die Meldepflichten, die etwa die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz vorsähen, nicht aushebelten.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) appellierte an die Kirche, mit den Strafverfolgungsbehörden enger zu kooperieren. Bei jedem Hinweis müsse unmittelbar Strafanzeige gestellt werden: „Sonst bleiben die Mauern des Schweigens erhalten, die den Missbrauch so lang verdeckt und verschleiert haben.“

Dem Opferverband „Eckiger Tisch“ gehen die Regeln nicht weit genug. Sprecher Matthias Katsch bezeichnete im Radioprogramm SWR Aktuell das neue Gesetz zwar als guten Schritt. Es fehle aber die verbindliche Vorgabe, dass Fälle sexuellen Missbrauchs an Behörden gemeldet werden müssten. Katsch, der auch Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs ist, fordert eine gesetzliche Meldepflicht in Deutschland.

Das sogenannte Motu Proprio ist ein Ergebnis des Anti-Missbrauchgipfels Ende Februar im Vatikan und trägt den Titel „Vos estis lux mundi“ (Ihr seid das Licht der Welt). Die neuen Normen gelten zunächst für drei Jahre und treten am 1. Juni in Kraft.

kna