Bistum Essen verstärkt Kampf gegen sexuellen Missbrauch

Untersuchen, bewerten, verändern: So will das Bistum Essen mit den Erkenntnissen aus der Studie zum sexuellen Missbrauch an Minderjährigen („MHG-Studie“) umgehen. In einem Schreiben an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bistums kündigte Generalvikar Klaus Pfeffer in der vergangenen Woche zwei große Schritte an, mit denen man im Ruhrbistum Reformen und Veränderungen verbindlich in die Wege leiten möchte. Dies teilte die Diözese am Montag mit.

Generalvikar Klaus Pfeffer (Foto: Boris Spernol)

Das Ruhrbistum plant mehrere Projektgruppen. Thematisch geht es den Angaben  zufolge zunächst darum, Prävention und Intervention bei sexueller Gewalt zu verbessern, die persönliche Reife von Priesteramtskandidaten zu stärken, um Maßnahmen für ein verbessertes Berufs- und Alltagsleben von Priestern, die Personalarbeit für Seelsorger sowie die weitere historische Aufarbeitung der Missbrauchsfälle.

In einem zweiten Schritt werden laut Diözese alle Faktoren im „System Kirche“ überprüft, die nach der im vergangenen Herbst veröffentlichten Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz sexualisierte Gewalt begünstigen. Dabei würden die Sexualmoral, das Selbstverständnis des Weiheamtes, Machtfragen und Geschlechtergerechtigkeit thematisiert. Die Impulse aus den Debatten im Ruhrbistum würden auch in die Beratungen der bundesdeutschen Kirche einfließen.

Die Projektgruppen und eine Steuerungsgruppe stehen unter Leitung von Generalvikar Pfeffer. Verlauf und Ergebnisse würden überdies von einer Resonanzgruppe beobachtet und ausgewertet. In allen Gruppen arbeiteten externe Berater mit. Das Bistum verwies auf den Vertrauensverlust der Kirche durch die Missbrauchsfälle und die scharfen Proteste in Pfarreien, Gruppen und Verbände. „Wir wollen reden und handeln“, sagte Pfeffer. Das Bistum wolle einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Kirche in Deutschland und weltweit leisten. Allerdings seien in kontroversen Fragen künftig auch regional unterschiedliche Lösungen in Betracht zu ziehen.

Im Rahmen der von den deutschen Bischöfen im vergangenen Jahr vorgestellten Studie zum sexuellen Missbrauch wurden in den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 Hinweise auf bundesweit 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. Das Bistum Essen kommt auf 85 Opfer von sexuellen Übergriffen und 60 beschuldigte Kleriker seit seiner Gründung 1958. Die Staatsanwaltschaft Essen hat ihre Ende November 2018 begonnene Prüfung hierzu noch nicht abgeschlossen.

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte infolge der Missbrauchsstudie im März einen „verbindlichen“ Gesprächs- und Reformprozess angeregt. Bei dem „synodalen Weg“ sollen Machtabbau, die Zulassung zu kirchlichen Weiheämtern, der Pflichtzölibat und die Sexualmoral Themen sein.