Während die Kirchenleitungen Wege „in Verschiedenheit“ gehen, setzt die Basis auf Gemeinschaft
Salz der Erde – Licht der Welt“: Es ist ein hoher Anspruch, den die Kirchen mit diesen Bibelworten an sich selbst formulieren. Christen sollen nichts weniger als in der Nachfolge Jesu und der Apostel die Welt verändern – die um sich herum und die große weite Welt. Mit dem Zeugnis, das sie geben, sollen Christinnen und Christen einen Unterschied machen. Getreu dem Bibelwort „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ – und zwar im positiven Sinne.
Wer es ernst meint mit der Lehre Christi und dem christlichen Leben, der soll ausstrahlen, was ihn bewegt, welche Werte seinem Handeln zugrundeliegen, welcher Glaube seinem Denken und Fühlen. Er soll Vorbild sein für andere, manchmal Störfaktor, wenn eine Gesellschaft verändert werden muss, manchmal auch Visionär und Wegweiser, wenn andere im Dunkeln wandeln.
Pfingsten feiern die Kirchen ihren Geburtstag, denn sie führen ihren Ursprung darauf zurück, wie die Apostel wundersamerweise in allen Zungen – in allen Sprachen – zu den Menschen sprechen konnten. Nach einer Zeit der Trauer, Angst und Verwirrung fassten sie neuen Mut und predigten von der Liebe Christi, erzählten von seiner Auferstehung und wollten die Menschen ermutigen, seinem und ihrem Beispiel zu folgen. Ab Pfingstmontag feiern die Kirchen in Bottrop den ersten ökumenischen Stadtkirchentag. Es ist eher eine Stadtkirchenwoche, denn gefeiert wird vom 10. bis 16. Juni. Das Thema sind die eingangs erwähnten Bibelworte, der Anlass das 100-jährige Stadtjubiläum.
„Reichtum der Vielfalt“
Gleichzeitig ist der Stadtkirchentag in Bottrop ein Anlass für die Frage: Wie steht es um die Ökumene? Nach „fruchtbaren Jahren“ stehen die Kirchen, steht die ökumenische Bewegung vor neuen Herausforderungen, schreibt die Münsteraner Professorin Dr. Dorothea Sattler in einem Gastbeitrag in dieser Ausgabe. Die Direktorin des Ökumenischen Instituts an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster lässt keinen Zweifel daran, dass die Christen an der Basis weiter sind als die Kirchenleitungen. Sie wünschen sich mehr Ökumene an ihren Lebensorten, im Alltag – und nicht nur zu Kirchentagen, so Sattler.
Wie es mit der Ökumene tatsächlich weitergeht – das vermag derzeit niemand zu sagen. Der Weg zur Einheit oder der christliche Weg in Verschiedenheit – dazu gibt es wohl so viele Meinungen wie Wegkreuzungen oder Abzweigungen – vom Abendmahl über das Priestertum der Frau bis zur Sexualmoral. Der neue designierte Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesischen Oberlausitz, Christian Stäblein, etwa sagt, dass „der Reichtum der Vielfalt der Kirchen“ nur dann zum Reichtum werde, „wenn ich die Unterschiede auch formulieren kann“. Wo Konfessionen das könnten, funktioniere die Ökumene besser als dort, wo man „im vorauseilenden Gehorsam“ auf alles verzichte.
Dagegen zeigt sich der Präsident des Evangelischen Kirchentags, Hans Leyendecker, überzeugt, dass die Zukunft der beiden großen Kirchen in der Zusammenarbeit liegt. „Es wird sehr viel mehr gemeinsame Arbeit in den Gemeinden geben, davon bin ich überzeugt“, sagte er jetzt dem Kölner domradio.de.