Die Kirchen müssen nach Auffassung des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, lernen, auf eine tiefere Weise von Gott zu sprechen. Wenn dies gelinge, erledigten sich manche kirchentrennenden Probleme von selbst, sagte der Münchner Erzbischof am Freitag bei einer Bibelarbeit des Kirchentags in Dortmund. Für ihn selbst sei die „Unbegreiflichkeit Gottes“ im Laufe seines Lebens immer größer geworden. Marx sprach sich für eine „tastende Theologie“ aus, die nicht mit dem Gestus daherkomme, immer alles wissen zu wollen.
Zu der alttestamentlichen Bibelstelle des Opfers Abrahams sagte der Kardinal, es gehe dabei nicht um die Tötung des Sohnes Isaak, sondern um das Vertrauen Abrahams angesichts der Unbegreiflichkeit Gottes. Dieser handele nicht aus einem blinden Gehorsam, sondern aus einem Glauben, „der alles für möglich hält“. Die Vorstellung eines Gottes, der herausfordere und vom Menschen die Bereitschaft erwarte, sich auf völlig Neues einzulassen, sei wie ein Leitmotiv der europäischen Kultur, sagte Marx mit Verweis auf den Ägyptologen Jan Assmann. Auch die Kirche müsse in diesem Sinne immer weiter voranschreiten.