Vatikan verteidigt Unverletzlichkeit des Beichtgeheimnisses

(Symbolfoto: © Gone With The Wind | Dreamstime.com)

Zur Klärung von Missbrauchsfällen fordern manche, auch Aussagen aus Beichtgesprächen verwerten zu dürfen. Der Vatikan reagiert darauf mit einer strikten Absage.

In Chile ist eine Gesetzesinitiative auf dem Weg, die kirchliche Autoritäten verpflichten soll, Missbrauchsverbrechen gegen Kinder zu melden – auch wenn Informationen dazu aus einem Beichtgespräch stammen. Ähnliche Forderungen gibt es nach den Missbrauchsskandalen auch in Australien und weiteren Ländern. Wie damit umzugehen ist, wenn sich Missbrauchsopfer oder Täter in der Beichte äußern, kam daher auch immer wieder bei Besuchen von Bischöfen im Vatikan auf.

Der vatikanische Gerichtshof der Pönitentiarie hat darauf zum Wochenbeginn mit einer mehrseitigen Note reagiert, welche die absolute Unverletzlichkeit des Beichtgeheimnisses noch einmal bekräftigt. Zugleich sollten Opfer in Beichtgesprächen über ihre Rechte und die Möglichkeiten der Anzeige, weltlich wie kirchlich, informiert werden. Priester könnten jedoch nicht ihr Beichtgeheimnis brechen, macht das Dokument klar. Die Beichte ist ein Sakrament, Priester wirken dabei gemäß katholischem Verständnis als Mittler zwischen dem Beichtenden und Gott – damit sind die Gesprächsinhalte für jedwede andere Zwecke tabu.

Der Kirchenjurist Markus Graulich, Untersekretär im Päpstlichen Rat für Gesetzestexte, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Die Kirche muss in ihrer Eigenheit verstanden werden. Sie ist zwar rechtlich organisiert, aber dabei kommen menschliche und göttliche Elemente zusammen. Daher kann es nicht auf Druck der öffentlichen Meinung eine Angleichung der Rechtsordnung an die staatliche Rechtsordnung geben. Bei der kirchlichen Rechtsordnung liegen einfach andere Voraussetzungen vor.“ Er verwies zudem darauf, dass die deutsche Strafprozessordnung dem nicht nur mit Blick auf das Beichtgeheimnis Rechnung trage, sondern auch das Seelsorgegeheimnis besonders schütze, etwa, wenn sich Leute Pastoralreferenten anvertrauen.

Sollten Gesetze, die ein Brechen des Beichtgeheimnisses fordern, erlassen werden, „dürften die Priester diesem Gesetz nicht folgen und müssten notfalls Gefängnisstrafen in Kauf nehmen“, fasst Graulich zusammen. Das Vatikan-Schreiben verweist auch darauf, dass das Beichtgeheimnis zur Not mit dem eigenen Leben verteidigt werden müsse.

Der Leiter der Pönitentiarie, Kardinal Mauro Piacenza, erklärte in einem Begleitschreiben zu der Vatikan-Note, die Verteidigung des Beichtgeheimnisses stelle „keinesfalls eine Rechtfertigung oder eine Form von Toleranz gegenüber den abscheulichen Fällen von Missbrauch durch Kleriker“ dar. Die Beichte biete vielmehr mit Gottes Hilfe Möglichkeit, zu lernen, seinen Geboten konkret im eigenen Leben zu folgen.

Die Vatikan-Note ist nicht nur vor dem Hintergrund der Missbrauchskrise zu lesen, ihr liegt auch eine Krise der Beichte zugrunde, die Papst Franziskus bereits beklagte. Hinzu kommt als weiterer Aspekt ein Wandel der Kommunikation, in dem „zu oft Informationen jeder Art bekannt gemacht werden, die auch privateste und vertraulichste Bereiche betreffen“, wie es in dem Vatikan- Schreiben heißt.

Das Schreiben der Pönitentiarie, die unter anderem für Gewissensfragen im Zusammenhang mit Sakramenten zuständig ist, beschränkt sich nicht allein auf die Bedeutung des Beichtgeheimnisses. Es erläutert auch weitere spezifisch katholische Kontexte, wie etwa das „Forum internum“ und das so genannte „Päpstliche Geheimnis“, das bei einigen kirchlichen Rechts- und Verwaltungsvorgängen besondere Geheimhaltungsnormen vorsieht. Dazu gehören etwa Vorgänge zur Ernennung von Bischöfen und juristische Verfahren nach Anzeigen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen. Die Anwendung des „Päpstlichen Geheimnisses“ bei kirchlichen Prozessen gegen Missbrauchstäter hatte der Münchner Kardinal Reinhard Marx im Februar infrage gestellt.

Die nun veröffentlichte Vatikan-Note bekräftigt auch die Vorgaben zum Päpstlichen Geheimnis. Kirchenrechtler Graulich sagte, mit Blick auf kirchliche Missbrauchsprozesse sei dies ähnlich wie das Amtsgeheimnis bei Prozessen anderer Rechtsordnungen. Auch das Amtsgeheimnis sei von jedem Richter „ob in der Kirche oder einem anderen Rechtssystem“ zu wahren.

Von Stefanie Stahlhofen (KNA)