Als Essener Dompropst und Diözesan-Caritasdirektor machte der Prälat bundesweit Schlagzeilen. Seelsorge und Caritas gehören für ihn untrennbar zusammen.
„Not und Armut müssen beim Namen genannt werden, vor allem deshalb, weil sich die Betroffenen selbst nicht verständlich machen können.“ Immer wieder hat Prälat Günter Berghaus diesen Satz betont. Am heutige Dienstag ist der langjährige Essener Dompropst und ehemalige Diözesan-Caritasdirektor im Alter von 89 Jahren gestorben. Für Berghaus gehörten Seelsorge und Caritas untrennbar zusammen. Wie nur wenige verkörperte er mit Person und Amt diese beiden wichtigen Seiten der Kirche. „Hilfe, Sorge, Fürsorge ist Ausdruck des Glaubens. Ohne die Sorge, ohne Caritas, bliebe die Liebe Gottes zu uns nur eine theoretische Behauptung“, war er überzeugt.
Seine Laufbahn als engagierter Caritasmann begann für den am 22. Dezember 1929 im sauerländischen Heggen geborenen und 1956 in Paderborn geweihten Priester 1970 als Mitarbeiter im Caritasverband für das Bistum Essen. Nach Abschluss des Studiums der Caritaswissenschaften in Freiburg kam Berghaus in die Chef-Etage des Essener Diözesan-Caritasverbandes. 1974 wurde er dessen Direktor.
Viele Initiativen und Modelle hat er seit dieser Zeit angeregt. So etwa die Polen- und Osteuropahilfe der Caritas in den 1980er Jahren oder die Einrichtung der bundesweit ersten katholischen Beratungsstelle für HIV-Infizierte – zu einem Zeitpunkt, als es nur wenige Hilfsangebote für AIDS-Kranke und HIV-Infizierte gab. Auch das Café Nachtfalter für Prostituierte in Essen geht auf seine Initiative zurück. Neue Wege in der Flüchtlingspolitik beschritt Berghaus Anfang der 1990er-Jahre, als er gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung ein Modellprojekt für abgelehnte Asylbewerber in Skopje/Mazedonien umsetzte.
Dompropst und Caritas-Chef in einer Person
Am 7. November 1993 wurde Berghaus als Nachfolger von Prälat Ferdinand Schulte Berge in seine neue Aufgabe als Dompropst in Essen eingeführt. Damit trat im Ruhrbistum Essen eine für die deutschen Bistümer einmalige Situation ein: Ein amtierender Diözesan-Caritasdirektor – der diese Aufgabe auch weiterhin wahrnahm – wurde Hausherr einer Kathedrale. Als Dompropst sah sich Berghaus schon bald vor die Aufgabe gestellt, die Grundsanierung des mehr als 1000 Jahre alten „Münsters am Hellweg“ zu koordinieren, zu organisieren und nicht zuletzt zu finanzieren. Im Januar 1999 entpflichtete der Bischof Berghaus von seinen Aufgaben bei der Caritas. Nach mehr als 27-jähriger Tätigkeit verließ damit einer der bundesweit profiliertesten Caritasvertreter die sozialpolitische Bühne.
Bedeutung des Essener Domschatzes
Die oft unterschätzte Bedeutung des Domschatzes faste Berghaus 2002 in die Worte: „Als man sich in Berlin noch mühte, die märkischen Sümpfe trocken zu legen, da brannte hier in Essen bereits der Siebenarmige Leuchter. Und als man in München die bayerischen Wälder rodete, da trug man hier die Goldene Madonna schon durch die Straßen.“
Neben der Grundsanierung „seiner“ Kathedralkirche, konnte Berghaus am Ende seiner Amtszeit unter anderem auf die Bistumswallfahrt 2000 mit einem komplett leer geräumten Dom zurückblicken, auf die Feier-lichkeiten zu „1150 Jahre Stift und Stadt Essen“ im Jahr 2002 oder auf die Einrichtung der Nikolaus-Groß-Kapelle im Jahr 2004. Auch die Wahl des dritten Bischofs von Essen fiel in diese Zeit: 2003 wählte das Essener Domkapitel mit Berghaus an der „Spitze“ den Trierer Weihbischof Felix Genn.
Dabei hatte Berghaus stets die Besucher des Doms besonders im Blick – nicht nur bei großen Veranstaltungen wie Konzerten oder den Fastenpredigten, bei denen die Essener Kathedrale den Besucherströmen kaum gewachsen war, sondern auch bei kleineren, aber nicht weniger wichtigeren Gelegenheiten. Dann war Berghaus weniger der „Manager“ einer Kathedralkirche, sondern von ganzem Herzen Priester, Seelsorger. Nach den Terroranschlägen von New York vom 9. September 2001 öffnete Berghaus den Dom, war einfach da als Ansprechpartner und Zuhörer für fassungslose Menschen, darunter sehr viele Kinder und Jugendliche. Berghaus sprach mit ihnen über Ängste und Hoffnungen und gab ihnen den Raum für spontane Zeichen der Trauer und der Erschütterung.
Nach der Vollendung seines 75. Lebensjahres am 22. Dezember 2004 trat Berghaus als Dompropst zurück und lebte seitdem in Essen im Ruhestand.