Vor zwei Wochen erst hatte der Großmeister des internationalen Malteserordens, der Italiener Fra‘ Giacomo Dalla Torre del Tempio de Sangiunetto, am Malteser St. Anna Krankenhaus in Duisburg seinen sechstägigen Deutschlandbesuch gestartet. Nun gaben die Malteser in Deutschland bekannt, dass sie sich weitgehend aus dem Krankenhausbereich zurückziehen. Die Malteser Deutschland gGmbH kündigte am Donnerstag in Köln an, sechs ihrer acht Akutkrankenhäuser einschließlich zugehöriger Versorgungseinrichtungen wie Apotheken aus wirtschaftlichen Gründen abzugeben. Duisburg ist gleich mit zwei Häusern betroffen. Die Mitarbeiter zeigten sich dem Vernehmen nach sehr betroffen über die Nachricht.
Ziel sei es, Gespräche mit potenziellen neuen Eigentümern im ersten Quartal 2020 für die Häuser im Rheinland und in Sachsen abzuschließen. Betroffen sind außer den Duisburger Krankenhäusern Sankt Johannes-Stift und Sankt Anna den Angaben zufolge noch die Standorte in Bonn (Seliger Gerhard), Köln (Sankt Hildegardis), Krefeld-Uerdingen (Sankt Josefshospital), Görlitz (Sankt Carolus) und Kamenz (Sankt Johannes). Weitergeführt würden unterdessen das vor zwei Jahren übernommene Waldkrankenhaus Sankt Marien in Erlangen, das in Partnerschaft mit der Evangelisch-Lutherischen Diakonieanstalt geplante „Malteser-Diako Klinikum“ in Flensburg sowie die Fachklinik für Naturheilverfahren im unterfränkischen Bad Brückenau.
Die sechs Kliniken beschäftigen nach Angaben eines Malteser-Sprechers rund 3.900 Mitarbeiter und erzielten einen Jahresumsatz von zusammen 312 Millionen Euro. Das Engagement im Krankenhausbereich „werde schweren Herzens“ reduziert, sagte der Generalbevollmächtigte der Malteser Deutschland gGmbH, Karl Prinz zu Löwenstein. Es bleibe aber beim Engagement im Geschäftsbereich „Wohnen und Pflege“ mit derzeit 34 Altenhilfe- und Pflegeeinrichtungen. Im Zuge der Neuausrichtung gebe Gerhard Becker die Verantwortung für die operative Führung der Malteser-Krankenhäuser in der Malteser Deutschland gGmbH ab. Becker werde den Maltesern indes weiterhin verbunden bleiben und beratend zur Verfügung stehen. „Wir bedanken uns bei Herrn Becker für die gute Zusammenarbeit und die guten Initiativen zur Verbesserung der Leistung und der Effizienz der Krankenhäuser, die Herr Becker initiiert hat. Ebenso sind wir dankbar für seine Bereitschaft, auch weiterhin beratend für die Malteser zur Verfügung zu stehen“, erklärte Dr. Erich Prinz von Lobkowicz, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Malteser Deutschland gGmbH. Der Aufsichtsrat habe Karl Prinz zu Löwenstein gebeten, „die Geschäftsführung bei der Führung der Krankenhäuser als Generalbevollmächtigter bis auf Weiteres zu unterstützen“.
Ungewissheit
Löwenstein wird in einer Pressemitteilung mit den Worten zitiert: „Um die langfristige Fortführung der etablierten Akutkrankenhäuser auf hohem medizinischen und pflegerischen Niveau sicherzustellen, beabsichtigen wir schweren Herzens unser Engagement im Krankenhausbereich zu reduzieren und für unsere Akutkrankenhäuser im Rheinland und in Sachsen einen neuen Eigentümer zu finden.“
Erste Gespräche seien mit ausgewählten potenziellen neuen Eigentümern aufgenommen worden, hieße es aus Malterserkreise. Ziel sei es demnach, diese Gespräche im ersten Quartal 2020 abzuschließen. Laut zu Löwenstein wolle man kein Bieterverfahren starten, sondern habe gezielt auf dem deutschen Gesundheitsmarkt erfahrene und renommierte Krankenhausbetreiber angesprochen. Man sei sowohl für öffentlich-rechtliche oder freigemeinnützige, aber auch private Träger offen, nicht aber für Finanzinvestoren. Für die Mitarbeiter bedeutet dies freilich Monate der Ungewissheit. Wie offenbar auch andere Bistümer wurde das Bistum Essen von der Entscheidung des Ordens überrascht, gab es dem Vernehmen nach vor ab keinerlei Gespräche, was unter den verbliebenen katholischen Krankenhausträgern im Bistumsgebiet offenbar auch teilweise für erhebliche Irritationen sorgte. Auch im Orden rief die Entscheidung Kritik hervor. Mit einem Rückzug mache man es sich zu einfach.
Letzte Häuser in katholischer Trägerschaft
Das Malteser Krankenhaus St. Anna ist eine Klinik der Akut- und Schwerpunktversorgung im Duisburger Süden. Über 750 Mitarbeiter behandeln hier nach Unternehmensangaben jährlich mehr als 16.000 Patienten stationär und etwa 37.000 ambulant. Zu den Schwerpunkten der Klinik gehören die Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, die Gefäßmedizin, die Gynäkologie und Geburtshilfe, die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, die Medizinische Klinik mit der Allgemeinen Inneren Medizin und den besonderen Schwerpunkten Gastroenterologie, Hämatologie/Onkologie, Diabetologie und Kardiologie mit Herzkatheterlabor sowie die Palliativmedizin.
Das Malteser Krankenhaus St. Johannes-Stift verfügt über 267 Planbetten und liegt im Zentrum des Duisburger Stadtteils Alt-Homberg. Zu den Schwerpunkten der 1904 eröffneten und 2004 an die Malteser übergebenen Klinik gehören die Tumorchirurgie in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, die Gefäßmedizin, die Geriatrie, die Innere Medizin (mit den Schwerpunkten Gastroenterologie, Diabetologie, Onkologie und Kardiologie) sowie die Endoprothetik.
Die beiden Häuser sind die letzten verbliebenen Krankenhäuser in katholischer Trägerschaft in der Stadt, nachdem das Katholische Klinik Duisburg (KKD) vom Helios-Konzern übernommen wurde. Helios hatte im November 2011 zunächst 51 % der Anteile am finanziell angeschlagenen KKD übernommen. Die verbliebenen 49 Prozent hielten zunächst noch die Kosmas und Damian GmbH, die damalige Beteilungsgesellschaft des Bistums Essen, sowie der St. Elisabeth GmbH. 2014 zog sich die Kirche vollständig aus dem Unternehmen zurück
Knapp 8400 Mitarbeiter beschäftigt
Der Malteser Hilfsdienst in Deutschland ist eine katholische Hilfsorganisation, die vom Deutschen Caritasverband und zwei Gliederungen des Malteserordens gegründet wurde. Sie hilft bedürftigen Menschen im In- und Ausland. Auch in der Notfallversorgung, sozialen Diensten und der Jugendarbeit ist die Organisation aktiv. Die Krankenhaus- und Pflegeaktivitäten sind in der Malteser Deutschland gemeinnützige GmbH zusammengefasst, die nach eigenen Angaben zuletzt rund 698 Millionen Euro Betriebsleistung erbrachte und knapp 8400 Mitarbeiter beschäftigt.
Mit derzeit 34 Altenhilfe- und Pflegeeinrichtungen gehören die Malteser nach eigenen Angaben noch zu den großen Anbietern in Deutschland und decken dabei eine große Bandbreite an Schwerpunktpflegeplätzen zum Beispiel in der Gerontopsychiatrie oder für Patienten mit Schlaganfall, Parkinson, Wachkoma oder junge Pflegebedürftige ab. Weitere trägerspezifische Schwerpunkte liegen in den Bereichen Ethik, Seelsorge, Demenz und Palliativversorgung. In einer älter werdenden Gesellschaft werde der Bedarf an Angeboten zur Altenhilfe und Pflege alter Menschen weiter zunehmen. Entsprechend bleibe das Engagement im Geschäftsbereich „Wohnen und Pflege“ in der stationären Gesundheitsversorgung ein Schwerpunktthema der Malteser.
Neue Führungsstruktur
Erst zu Jahresanfang hatte sich due Malteser Deutschland gemeinnützige GmbH eine neue Führungsstruktur für ihre Krankenhäuser und Altenhilfeeinrichtungen gegeben. Verena Hölken verantwortet in der Geschäftsführung neben dem Ressort „Finanzen“ nun auch das Ressort „Medizin und Pflege“. Ihr obliegt damit die strategische und wirtschaftliche Führung der zehn Malteser Krankenhäuser und 33 Altenhilfeeinrichtungen sowie der damit verbundenen Dienste.
Neu in Team der Geschäftsführung kam ausgerechnet Gerhard Becker, der als erfahrener Krankenhausmanager die operative Führung der Malteser Krankenhäuser übernahm. Eine Aufgabe die bereits nach zehn Monaten nun wieder abgibt. Becker, der BWL und Informatik studierte, hatte bereits in Geschäftsführungen mehrerer Kliniken und Krankenhausverbünde gearbeitet. Seit 2005 leitet er eine auf Krankenhäuser spezialisierte eigene Beraterfirma.
Neuer Vorsitzender der Geschäftsführung wurde Malteser Deutschland gGmbH Dr. Elmar Pankau, zusätzlich zu seiner Funktion als Vorsitzender des Geschäftsführenden Vorstandes des Malteser Hilfsdienstes e.V. Er sei damit die Klammer über Malteser Hilfsdienst und Malteser Deutschland hinweg und verantwortet die übergreifende strategische Ausrichtung des Gesamtverbundes, hieß es.
Dr. Franz Harnoncourt hate zum Jahresende als Vorsitzender der Geschäftsführung der Malteser Deutschland gGmbH die Malteser verlassen, um den Aufbau einer neuen Gesundheitsholding in seiner Heimat Oberösterreich als Vorstandsvorsitzender gestalten. „Wir haben großes Verständnis dafür, dass Dr. Harnoncourt sich dieser neuen spannenden Aufgabe in seiner Heimat widmen möchte, und bedauern, einen Geschäftsführungskollegen zu verlieren, der mit seinem Charisma nach innen und außen wertvolle Akzente gesetzt hat. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für Krankenhäuser hat er es verstanden, wichtige Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen. Die Malteser danken ihm für sein Engagement in den vergangenen sieben Jahren“, erkläre Pankau. „Wir sind froh und dankbar, die Kontinuität in der Geschäftsführung sicherstellen zu können. In dieser Kombination werden wir mit einem starken Team in der Geschäftsführung gemeinsam die Herausforderungen der kommenden Jahre angehen.“
Großmeister ist Staatsoberhaupt