KKE: Ministerium kann Entscheidung der Contilia „nicht nachvollziehen“

Aus Sicht des nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium ist die Entscheidung der Contilia GmbH zum Verkauf der Standorte im Essener Norden „nicht nachvollziehbar“, dies erklärte eine Ministeriumssprecherin Neues Ruhr-Wort am Donnerstag auf Anfrage. Am Montag hatte der Aufsichtsrat des Unternehmens, wie berichtet, beschlossen, die Katholische Kliniken Essen GmbH (KKE) nach nur eindreiviertel Jahren wieder verkaufen zu wollen.

Aus Sicht des nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium ist die Entscheidung der Contilia GmbH zum Verkauf der Standorte im Essener Norden „nicht nachvollziehbar“, dies erklärte eine Ministeriumssprecherin Neues Ruhr-Wort am Donnerstag auf Anfrage. Am Montag hatte der Aufsichtsrat des Unternehmens, wie berichtet, beschlossen, die Katholische Kliniken Essen GmbH (KKE) nach nur eindreiviertel Jahren wieder verkaufen zu wollen.

Das Marienhospital in Altenessen (Foto: KKE)

Das Ministerium habe auf Antrag des Krankenhausträgers „im Einvernehmen mit den Krankenkassen dieses Vorhaben ausgewählt“, so die Sprecherin zu Neues Ruhr-Wort. Dies sei mit einer erheblichen Förderung in Höhe von rund 94 Millionen Euro verbunden, davon rund 41 Millionen Euro Landesmittel und 53 Millionen Euro Bundesmittel. „Dabei wurde darauf vertraut, dass die Willenserklärung des Trägers, dieses Projekt umzusetzen, auch realisiert wird. Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass das geplante Projekt einen wichtigen Beitrag für zukunftsfähige Strukturen im Essener Norden leisten wird“, erklärte die Sprecherin auf Anfrage. Daher hoffe das MAGS, dass der neue Käufer der Standorte im Essener Norden das Projekt übernimmt und realisiert.

Fehlentwicklung bei Krankenhausplanung

Im September hatte die nordrhein-westfälische Landesregierung angekündigt, die Krankenhauslandschaft im bevölkerungsreichsten Bundesland straffen und spezialisieren  zu wollen. Die bisherige Krankenhausplanung habe zu einer „problematischen Fehlentwicklung“ geführt, erklärte seinerzeit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Eine teils extreme Überversorgung vor allem in den Metropolen sowie eine Unterversorgung in ländlichen Regionen solle abgebaut werden.

Die Krankenhausgesellschaft NRW hatte nach Bekanntwerden des Vorhabens erklärt, eine Planung nach Leistungsbereichen dürfe nicht dazu führen, dass Kliniken nicht mehr wirtschaftlich geführt werden könnten. Der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd) kündigte an, an der Reform konstruktiv mitzuarbeiten. Alle Planungen seien an der Versorgung der Patienten zu orientieren, die ein Krankenhaus in erreichbarer Nähe benötigten. Das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen Lippe forderte Laumannauf, seine Planungen an einer „qualitativen Verbesserung der Versorgung“ auszurichten. Kapazitätsabbau und Klinikschließungen seine „keine seriöse Krankenhausplanung“.

Contilia verweist auf Beschlüsse im Land NRW

Die Contilia hatte nun am Montag als Grundlage für ihren Beschluss unter anderem die jüngsten gesetzlichen Veränderungen im Gesundheitswesen angeführt, namentlich Pflegepersonaluntergrenzen, Pflegebudget, Reform des medizinischen Dienstes der Krankenkassen sowie das  Konzept der Landesregierung zur Krankenhausplanung. „Die hier neu geschaffenen Rahmenbedingungen, verändern die Gesundheitsversorgung in Nordrhein-Westfalen noch rasanter als bisher vorhersehbar war. Durch diese und viele andere Regelungen steigen die Anforderungen an alle Krankenhäuser erheblich“, heißt es in einer Mitteilung der Contilia.

In der Reaktion des Ministeriums hieße es, die Krankenhauslandschaft unterliege einem erheblichen Veränderungsdruck. „Dies zeigt sich ja auch daran, dass es mittlerweile häufiger zu Schließungen von Abteilungen oder Insolvenzen von Krankenhäusern kommt. Gleichzeitig dürfen die Entwicklung auf dem Krankenhausmarkt nicht mehr ungesteuert erfolgen. Es ist eine aktive und ressourcenschonende Krankenhausplanung notwendig“, sagte die Ministeriumssprecherin gegenüber Neues Ruhr-Wort. So hatte im Juli das Katholische Klinikum Oberhausen die Insolvenz angemeldet.

Kirchenvorstand kritisiert Verkaufsplan für KKE

Die Entwicklungen in Essen unterstreichen nach Ansicht des Ministeriums diese Notwendigkeit einer aktiven Krankenhausplanung. Bei der zukünftigen Planung gehe es darum, „sinnvolle Strukturen und eine effiziente Krankenhausplanung zu schaffen und die bestmögliche Qualität der medizinischen Versorgung zu erreichen“. Die Ministeriumssprecherin betonte, hierzu sei „eine große Trägervielfalt sehr wichtig“. Freigemeinnützige Träger, zu den die katholischen Betreiber zählen, nähmen „eine wichtige und besondere Rolle“ ein. Allerdings bewegten sie sich wie alle anderen Kliniken auch „im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ethik“ und müssten sich in demselben Markt wie die privaten und öffentlichen Konkurrenten behaupten. Eine Schlechterstellung der Freigemeinützingen Träger, wie sie von Branchenkennern beobachtet wird, mag das Ministerium demnach nicht zu erkennen.

Unterdessen hat der Kirchenvorstand der Kirchengemeinde St. Johann Baptist auch zu dem Beschluss des Contilia-Aufsichtsrats, die KKE verkaufen zu wollen, geäußert. Diese Nachricht habe das Gremium „sehr überrascht“, da noch im Dezember KKE- und Contilia-Vertreter bekräftigt hätten, „dass die Planungen für den Neubau weiter voranschreiten“. Der Kirchenvorstand will nun Contilia und KKE zu einem Gespräch einladen, „um aus erster Hand zu erfahren, wie man sich dort den weiteren Verlauf des Projektes vorstellt“.

Kirchenvorstand sieht keinen Handlungsdruck

Zunächst besteht aus Sicht des Kirchenvorstands jedoch bei uns kein Handlungsdruck: „Der Kaufvertrag sichert uns weitreichende Rechte zu. Und derzeit ist keine Voraussetzung gegeben, um eine Rückabwicklung fordern oder gar einleiten zu können.“ Hinzu komme, dass der Kirchenvorstand sich in seiner Sitzung am 15. Januar noch einmal einstimmig hinter das Projekt gestellt habe, „Wir stehen grundsätzlich hinter der Planung, in Essen-Altenessen ein neues Krankenhaus mit einer neuen Kirche zu errichten. Gleichzeitig werden wir die weitere Entwicklung sehr genau beobachten, um sicherzustellen, dass die Interessen der Pfarrei berücksichtigt und die mit dem Kaufvertrag verbundenen Zusagen und Absichten eingehalten werden.“ Solange sich an diesen grundlegenden Prämissen nichts ändere, gibt es vorerst weder einen Anlass noch eine Handhabe, „in eine andere Richtung zu agieren.“

Zuvor hatte Vertreter des Vereins Rettet St. Johann, verlangt von dem Verkaufsvertrag zurück zu treten. Als Verkäufer ist die Kirchengemeinde nach eigenen Angaben berechtigt vom Vertrag zurückzutreten, „wenn – gleich aus welchem Grund – feststeht, dass ein Krankenhausneubau mit eingeschlossenem Kirchenneubau auf dem geplanten Areal weder durch den Käufer noch seinen Rechtsnachfolger verwirklicht werden wird, oder dies schriftlich durch den Käufer oder seinen Rechtsnachfolger gegenüber dem Verkäufer angezeigt wird.“

An wen verkauft Contilia?

Aus Sicht der Fraktion Die Linke im Essener Rat ist es „eine wichtige Frage, an wen die Contilia die Kliniken im Essener Norden verkauft“, so Fraktionsvorsitzende Gabriele Giesecke. „Der schlimmste Fall wäre ein möglicher Verkauf der Kliniken an private Klinikgruppen wie Sana, Helios oder Asklepios. Denn bei diesen Klinikbetreibern steht die Rendite im Mittelpunkt und nicht der Patient.“ Die Fortführung und Modernisierung der Kliniken im Norden sei auch wichtig für die Entwicklung der Stadtteile, auch deshalb ist die Stadt Essen jetzt gefragt. „Dabei ist die Bevölkerung zu beteiligen, damit beispielsweise der Konflikt um die Zukunft der Kirchengemeinde St. Johannes Baptist beigelegt werden kann“, so Giesecke.

spe