Mainz. Lateinamerika-Kenner der katholischen Kirche erwarten schon bald erste Zölibats-Ausnahmen im Amazonasgebiet. Der Theologe Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Misereor, sagte am Mittwoch in Mainz, er wisse, dass schon bald mehrere Amazonas-Bischöfe in Rom Anträge stellen werden, um die Sondereerlaubnis („Dispens“) für eine Priesterweihe einzelner verheirateter Männer zu erhalten.
In den kommenden Wochen würden sich an mehreren Orten der Region Kirchenführer treffen, so Spiegel. Sie würden über konkrete Schritte nach dem Schlussdokument der Amazonas-Synode sowie dem Papst-Schreiben „Querida Amazonia“ diskutieren und auch konkrete Schritte daraus ableiten.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick erklärte, in der Zölibatsfrage müsse man das Schwarz-Weiß-Denken überwinden. Es sei schon lange klar, dass es unter bestimmten Ausnahmebedingungen die Priesterweihe auch für verheiratete Männer gebe. Dies gelte bisher etwa für Priester der mit Rom verbundenen Ostkirchen oder für konvertierte anglikanische und protestantische Geistliche. Weitere Sondererlaubnisse seien möglich.
Für negativ entschieden hält Schick hingegen die Frage nach der Möglichkeit einer sakramentalen Weihe von Frauen. Hier habe Papst Franziskus die klare Entscheidung von Johannes Paul II. gegen eine solche Weihe bekräftigt.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck ergänzte, die Situation des Priestermangels sei „in Deutschland schon katastrophal, im Amazonasgebiet aber noch viel schlimmer“. Da das Gebet um neue Priester nicht das erhoffte Resultat erbracht habe, müsse man nun andere Wege gehen.
Die Geistlichen äußerten sich am Rande der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Mainz.