Psychologen befürchten Anstieg von Depressionen und Suiziden

Psychologen befürchten einen Anstieg von Depressionen und Suiziden infolge der Corona-Krise. „Viele Menschen haben derzeit ganz reale Ängste. Da ist es wahrscheinlich, dass Depressionen und Angststörungen vermehrt auftreten und somit auch Suizidalität zunehmen kann“, sagte die Präsidentin des Berufsverbandes Deutscher Psychologen (BDP), Meltem Avci-Werning, am Samstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Isolation sei eine große Belastung, fügte sie hinzu.

(Symbolfoto: cocoparisienne/pixabay)

Psychisch labile oder kranke Menschen stünden wegen der Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie unter erhöhtem Druck, so die Expertin. Zudem fördere die überwiegend zu Hause verbrachte Zeit eine Zunahme von häuslicher Gewalt. „Beengte Wohnverhältnisse, Angst vor Arbeitslosigkeit, Überforderung bei der Beschulung der Kinder zu Hause – all das führt in vielen Familien zu großem Druck“, so Avci-Werning. Die Isolation führe außerdem zu weniger sozialer Kontrolle. Kinder und Frauen bräuchten deswegen jetzt besonderen Schutz.

„Die Anzahl von Menschen mit psychischen Erkrankungen wird während der Coronakrise zunehmen“, prognostizierte Avci-Werning. Sie forderte deswegen von der Bundesregierung, auch Psychologen und Psychotherapeuten besser vor einer drohenden Insolvenz aufgrund der Corona-Krise zu schützen.

„Die Versorgungsqualität geht gerade in den Keller“, sagte der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Ulrich Hegerl, der „Rheinischen Post“ (Freitag) mit Blick auf das eingeschränkte Angebot in psychiatrischen Kliniken und Praxen, die planbare Behandlungen verschieben und Termine reduzieren, um die Versorgung von Akutpatienten zu garantieren.

„Das könnte Leben kosten“, so der Psychiater. Depressionen seien jährlich die Ursache für die meisten Suizide. „Durch die krankheitsbedingte Interesse- und Antriebslosigkeit fällt es sehr schwer, den Tag zu strukturieren, mit der möglichen Folge, dass die Betroffenen auch tagsüber grübelnd im Bett liegen“, erklärte Hegerl. Die Depressionshilfe empfiehlt Betroffenen, in Zeiten häuslicher Quarantäne aktiv zu bleiben und einen Tagesrhythmus zu pflegen.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde spricht auch von Risiken für bisher gesunde Menschen. „Andauernde Gefühle von Unsicherheit, Angst und Isolation erzeugen Stress und sind ein Risikofaktor für Gesunde,“ sagte Vorstandsmitglied Iris Hauth. Mögliche Folgen könnten Schlafstörungen, Angststörungen oder depressive Gefühle sein. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie an der Alexianer St. Joseph Klinik in Berlin rechnet damit, dass schwer betroffene Corona-Patienten, Ärzte und Pflegekräfte in und nach der Krise traumatisiert sein könnten.

Kna