Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht hat einen Antrag auf sofortige Aufhebung des Verbots von Versammlungen in Kirchen, Moscheen und Synagogen abgelehnt, zugleich aber eine fortlaufende, strenge Überprüfung der Zulässigkeit der Verbote eingefordert. Die Richter werteten in ihrer am Freitag in Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung die aktuellen Versammlungsverbote in Kirchen als „überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit“. In der aktuellen Corona-Pandemie habe der Schutz vor „Gefahren für Leib und Leben“ aber Vorrang.
Ein Katholik aus Hessen hatte sich nach Karlsruhe gewandt, um über eine einstweilige Anordnung das Versammlungsverbot in Kirchen sofort aufzuheben. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts wies den Antrag unter Verweis auf die drohenden gesundheitlichen Gefahren ab.
Gesundheitsschutz hat derzeit Vorrang
Dabei folgten die Richter der Argumentation des Klägers, wonach die geltenden Versammlungsverbote die Religionsfreiheit stark einschränken. Der Kläger habe nachvollziehbar dargelegt, dass die gemeinsame Feier des Gottesdienstes und der Empfang der Eucharistie nach katholischer Überzeugung ein zentraler Glaubensbestandteil sei. Dies gelte besonders im Blick auf das Osterfest. Der gemeinsame Gottesdienst in der Kirche könne auch nicht durch Internetübertragungen oder individuelles Gebet kompensiert werden, heißt es in dem Beschluss.
Dennoch habe der Gesundheitsschutz derzeit Vorrang, so die Richter. Denn wenn das Versammlungsverbot in Kirchen jetzt aufgehoben würde, drohe eine große Zahl von Infektionen und Erkrankungen. Dabei blieben die Gefahren auch nicht auf jene Personen beschränkt, die die Gottesdienste besuchen würden. Nach Auffassung der Kammer hat daher der „Schutz vor diesen Gefahren für Leib und Leben derzeit trotz des damit verbundenen überaus schwerwiegenden Eingriffs in die Glaubensfreiheit Vorrang“.
Die Richter forderten zugleich eine „strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit“, wenn das derzeit bis zum 19. April geltende Versammlungsverbot verlängert werden sollte. Dabei müssten die jeweils neuesten Erkenntnisse zur Verbreitung des Coronavirus berücksichtigt werden, so die Richter. Geprüft werden müsse beispielsweise auch, ob das Gottesdienstverbot gegebenenfalls unter Auflagen oder regional begrenzt gelockert werden könne. Die Richter betonten, Gleiches gelte auch bei Einschränkungen für andere Religionsgemeinschaften. (Aktenzeichen: 1 BvQ 28/20)