Gelsenkirchen: Protestbanner an Kirche gegen Supermarktpläne in Hassel

An der zum Verkauf stehenden Kirche St. Theresia in Gelsenkirchen-Hassel, haben Unbekannte am Wochenende Protestbanner am Bauzaun aufgehängt. Die Pfarrei St.Urbanus sucht das Gespräch.

Protestbanner an St. Theresia (Foto/Klingberg/Pfarrei St. Urbanus)

Am 7. Mai hatte die Bezirksvertretung Nord über eine Beschlussvorlage der Stadt Gelsenkirchen zur Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gelände St. Theresia in Hassel diskutiert. In dieser Vorlage wurden unter anderem die Pläne eines Investors genannt, auf dem Gelände einen Supermarkt mit Vollsortiment zu errichten. Nachdem über diese Pläne in den letzten Tagen bereits öffentlich diskutiert wurde, haben Unbekannte am Wochenende Protestbanner am Bauzaun vor der Kirche aufgehängt.

Kirche seit 2007 geschlossen

Die  Kirche St. Theresia an der Polsumer Straße in Hassel ist bereits seit 2007 geschlossen. Etwa genauso lange bemüht sich die Pfarrei St. Urbanus, die unter Denkmalschutz stehende Kirche zu verkaufen. Besonders unter Berücksichtigung der Auflagen durch den bestehenden Denkmalschutz ist es trotz intensiver Bemühungen und Verhandlungen mit verschiedenen Partnern nicht gelungen, die Kirche zu veräußern.

Das denkmalgeschützte Kirchengebäude wurde seitdem als Lager für kirchliches Inventar, zeitweise auch als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Neben der Kirche befinden sich auf dem kircheneigenen Grundstück weitere Nebengebäude – das ehemalige Gemeindehaus, zwei Wohnhäuser und ein ehemaliger katholischen Kindergartens, der nach der Öffnung eines neuen Standorts an der Valentinstraße in diesem Frühjahr aufgegeben wurde.

Nebengebäude gelten als „nicht verhaltenswert“

Auch das Ge­meindehaus und die beiden Wohngebäude werden von der Kirche nicht mehr benö­tigt. Keines dieser Nebengebäude steht unter Denkmalschutz, alle Häuser weisen, laut Beschlussvorlage der Stadt, einen „Sanierungsstau auf und sind nicht erhaltenswert“.

Anfang 2020 hat die Pfarrei in Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle für Immobilienentwicklung des Bistums Essen (ImmobilienRaum) eine Investorenausschreibung durchgeführt. Im Ergebnis dieses Ausschreibungsverfahrens hat sich die Kirche zum Verkauf des Grundstücks an einen Vorhabenträger entschieden, der den Neubau eines Lebensmittel-Vollsortimentmarkts mit rund 1.500 m² Verkaufsfläche und ca. 100 Stellplätze realisieren möchte sowie den Einbau eines Kindergartens in das denkmalgeschützte Kirchengebäude. Hier ist GE-Kita als Träger vorgesehen.

Vermarktungsbeschluss 2018

Mit dem Beschluss zur Vermarktung des gesamten Areals im Votum zum Pfarreientwicklungsprozess im Februar 2018 haben sich nach Angaben der Pfarrei neue Verhandlungsoptionen ergeben. Solche Verhandlungen hat die Pfarrei nach eigenen Angaben mit mehreren Investoren intensiv geführt. Der Kirchenvorstand hat die vorliegenden Angebote und Konzepte bewertet und auf dieser Grundlage eine Entscheidung zugunsten eines Investors, der ein für den Stadtteil schlüssiges Konzept unter Einbeziehung des Kirchengebäudes vorgelegt hat, getroffen.

Mit Hinblick auf die noch ausstehenden Formalitäten – so steht etwa die Genehmigung des Vermögensrates des Bistums Essen noch aus – möchte sich die Pfarrei derzeit noch nicht konkret zu den Plänen äußern. Dies werde zu gegebener Zeit in Absprache mit dem Investor geschehen. Propst Markus Pottbäcker ist indes dankbar über den bevorstehenden Abschluss des Projekts: „Wir haben eine vernünftige Lösung gefunden, bei der die Kirche erhalten wird und sich neue Chancen für den Stadtteil Hassel ergeben“, erklärte der Pfarrer von St. Urbanus nach Bekanntwerden der Pläne

Zentrale Lage im Stadtteil

Das Grundstück ist zentral im Stadtteil Hassel gelegen, da es sich unmittelbar an der Polsumer Straße befindet, die auf diesem Abschnitt nach dem Einzelhandelskonzept der Stadt einen zentralen Versorgungsbereich darstellt. „Derzeit über­nehmen mehrere Discountmärkte an der Polsumer Straße die Grundversorgung der Bevölkerung. Mit dem beabsichtigten Neubau kann das Nahversorgungsangebot um ein qualitativ höherwertiges und umfangreicheres Sortiment ergänzt werden“, heißt es in der städtischen Beschlussvorlage.

Auch der Bedarf für eine zusätzliche Kindertagesstätte an diesem Standort sei laut Jugendhilfeplanung gegeben. „Eine Umnutzung der Kirche würde außerdem dazu beitragen, das architekturgeschichtlich und künstlerisch wertvolle Gebäude langfristig zu erhalten. Es handelt sich bei der denkmalgeschützten Kirche St. Theresia um ein hochrangiges Beispiel der Nachkriegskirchenarchitektur. Es bedarf eines sensiblen planerischen Umgangs mit dem Gebäude“, heißt es weiter.

Prostestbanner: „Gegen die Betonwüste“

Die Aufstellung des Bebauungsplans war laut Stadt nun  erforderlich, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Grundstücks zu erzielen. Im Aufstellungsverfahren sind durch gutachterliche Untersuchungen mögliche Konflikte zu ermitteln und ge­eignete Festsetzungen zu treffen, um die beabsichtigten Vorhaben im Geltungsbe­reich realisieren zu können.

Der Bebauungsplan umfasst das rund 9.200 m² große Grundstück. Es wird im Westen von der Polsumer Straße, im Süden von der Flachsstraße, im Osten von den be­nachbarten Flurstücken 462, 471, 231 und 232 und im Norden von der Privatstraße Büningshof begrenzt. Teile des Grundstücks sind unbebaut und mit Bäumen und Sträuchern bewachsen. Dieser Umstand führt nun offenbar zu den Protesten. So heißt es auf einem der Banner: „Für ein grünes Hassen.“ Auf einem Weiteren: „Gegen die Betonwüste“

Protestbanner werden entfernt, Pfarrei sucht aber Gespräch

Zu den Protesten erklärte nun am Montag Pressereferent Ludger Klingeberg, die Pfarrei St. Urbanus begrüße ausdrücklich die öffentliche Meinungsbildung über die Zukunft des Areals St. Theresia unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. „Wir laden alle Interessierten ein, mit den Entscheidungsträgern der Pfarrei in einen direkten Dialog zu treten.“ Dazu bestehe die Möglichkeit  unter der E-Mail-Adresse zukunft-theresia@urbanus-buer.de Kontakt mit der Pfarrei aufnehmen oder unter der Telefonnummer 0209/386000 im Pfarrbüro einen Gesprächstermin vereinbaren.

Man wolle „offen und transparent“ ins Gespräch kommen. Die Pfarrei sei „an einem ehrlichen Meinungsaustausch interessiert. Dazu gehört aus unserer Sicht auch eine Begegnung auf Augenhöhe, die durch anonyme Protestbanner nicht gegeben ist“, so Klingeberg weiter. Aus diesem Grund werde die Pfarrei die Banner am Bauzaun in den nächsten Tagen abnehmen und bitte „diejenigen, die sie aufgehängt haben, mit uns auf direktem Weg in den Dialog zu treten“.

spe

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