Psychologe: Verschwörungstheoretikern die eigene Meinung sagen

Angesichts von Verschwörungstheorien in der Corona-Krise rät ein Kommunikationspsychologe zu Zivilcourage. Auch wenn Anhänger dieser Erzählungen schwer zu überzeugen seien, sollten Gesprächspartner ihre eigene Meinung sagen, erklärte der Siegener Sozial- und Wirtschaftspsychologie Andreas Kastenmüller am Dienstag. „Wenn ich nichts sage, wird das als stillschweigendes Einverständnis angesehen.“ Wenn eine weitere Person den Widerspruch mitbekomme, überdenke diese vielleicht ihre Ansicht.

Corona

(Symbolfoto: Gerd Altmann/Pixabay)

Verschwörungstheorien helfen laut Kastenmüller, ein Gefühl von Kontrolle zurückzugewinnen. Sie seien besonders bei Menschen beliebt, die eher intuitiv als analytisch dächten. Diese Gruppe könne nicht akzeptieren, dass Politiker und Wissenschaftler angesichts komplexer Probleme wie einer globalen Pandemie ihren Kurs änderten. „Sie erkennen Muster und schustern daraus Theorien zusammen“, so der Psychologe. Je weniger Informationen es gebe, desto leichter könne eine eigene Geschichte entwickelt werden.

Zudem seien tatsächlich mehr Menschen von der Corona-Krise und den Ausgangsbeschränkungen betroffen als bei anderen Ereignissen, um die sich Mythen ranken, erkläre der Siegener Literaturwissenschaftler Niels Penke. Die Beziehung zum Problem sei also anders als bei Themen wie der Ermordung von John F. Kennedy. „Über soziale Medien verbreiten sich die Inhalte von Verschwörungstheoretikern wie das Virus selbst quasi exponentiell“, so Penke. Er verwies auf das Missverhältnis zwischen medialer Präsenz und tatsächlicher Größe von Verschwörungsbewegungen. Die Mythen seien trotzdem gefährlich, weil sie Feindbilder erzeugten.

kna