Ordensschwestern in der Krankenversorgung haben im Ruhrgebiet eine lange Tradition. Ohne sie hätte es die ersten Krankenhäuser im boomenden Industrierevier kaum gegebenen. Dies hat sich stark verändert, doch auch heute noch arbeiten Schwestern aus geistlichen Gemeinschaften im Gesundheitssystem des Ruhrbistums – mittendrin in der Corona-Pandemie.
Zum Beispiel Schwester Saera. Im St.-Josef-Krankenhaus in Essen-Werden hat sie zwar schon länger nicht mehr direkt mit Corona-Patienten zu tun, weil die nun zentral im Uni-Klinikum versorgt werden.
Trotzdem ist die Krankheit ein Dauerthema: „Ich muss jetzt ständig einen Mundschutz tragen, vom Betreten des Krankenhausgeländes bis zum Feierabend“, sagt die aus Indien stammende Nonne. Angenehm sei das nicht – aber notwendig. Auch die oft älteren Patienten auf der internistischen Station, die sie versorgt, hätten mit den maskentragenden Schwestern so ihre Schwierigkeiten: „Die können uns nicht mehr so gut unterscheiden.“
Statt Besuchen wird samstags für Corona-Opfer gebetet
In der Klinik sei die angespannte Situation der ersten Corona-Wochen einer gewissen Entspannung gewichen, sagt die Schwester, aber da sei immer noch eine große Unsicherheit. Dies gelte auch für das Miteinander mit ihren zwei ebenfalls aus Indien stammenden Mitschwestern, die in einem Altenheim arbeiten. Gemeinsam leben sie im kleinen Konvent der „Congregation of Teresian Carmelites“ im Schwesternwohnheim des Krankenhauses.
„Weil wir mit kranken und alten Menschen zu tun haben, wissen wir, dass wir es auch bekommen können“, sagt die erfahrene Krankenschwester über das Virus. „Wir bemühen uns um bestmögliche Hygiene und verzichten aktuell auf die Besuche unserer Nachbar-Konvente.“ Die gewonnene Zeit nutzen die Schwestern auf ihre Weise: Zusätzlich zur täglichen einstündigen Anbetung haben sie nun ihre Samstage ganz dem Gebet für die Opfer und die Helfer in der Corona-Krise gewidmet.
Flug nach Indien kein Tehma
Obwohl es in der Corona-Krise alle Welt nach Hause zog und die Behörden in Kerala, der indischen Heimatprovinz der drei Schwestern, „Corona sogar „noch besser im Griff haben als hier“, sei ein Flug nach Indien für sie kein Thema gewesen, sagt Schwester Saera. Für sie gelte das Motto ihres Ordens: „Passion for Christ, passion for humanity“ (Leidenschaft für Christus, Leidenschaft für die Menschlichkeit). Auch angesichts von Corona „rennen wir nicht weg, sondern gehen da mit Gott hinein.“
Dabei bittet Schwester Saera nicht nur um Heilung für Erkrankte, sondern auch um eine echte gesellschaftliche Wertschätzung ihrer Kolleginnen und Kollegen in der Krankenpflege. Pfleger und Ärzte müssten bei der Arbeit „mit Körper, Geist und Seele immer voll da sein“. Das werde in der Gesellschaft nicht immer so gesehen. Das viele Krankenpfleger statt guter Worte nun auch eine bessere Bezahlung forderten, „kann ich sehr gut nachvollziehen“. Ihrer Ansicht nach würde eine bessere Entlohnung auch zu mehr Personal und damit zu weniger unbesetzten Stellen im Krankenhaus führen.
Dienst an der Corona-Hotline
Noch näher am direkten Corona-Geschäft arbeitet Schwester Karin Ripp aus Bottrop. Die gelernte Chirurgin gehört den Missionsärztlichen Schwestern an, war für die Gemeinschaft unter anderem sechs Jahre in Kenia und ist seit gut vier Jahren im Bottroper Gesundheitsamt tätig. Dort war sie mit für die Schuleingangsuntersuchungen zuständig – bis die Corona-Pandemie im Frühjahr auch Bottrop erreichte. „Seit Mitte März ist hier alles nur noch auf Corona ausgerichtet“, berichtet die Medizinerin. Wie in vielen Kommunen hat auch die Bottroper Stadtverwaltung Beschäftigte aus verschiedenen Bereichen zusammengezogen, um dem Virus die Stirn zu bieten.
Das Gesundheitsamt arbeitet nun sieben Tage die Woche. „Viel Arbeit läuft am Telefon“, sagt Schwester Karin. Zum Beispiel die Nachverfolgung von Kontakten, wenn ein neuer Corona-Fall diagnostiziert wurde. Sie selbst hat die vergangenen Wochen das Team am Info-Telefon unterstützt: Immer wenn an der Bottroper Corona-Hotline eine Frage medizinischen Sachverstand erforderte, wurde Schwester Karin hinzugezogen. „Da musste ich mich auch erst einmal einarbeiten.“ Schließlich seien Viruserkrankungen nicht ihr Fachgebiet. „Außerdem gibt es ständig neue Erkenntnisse und Regeln.“ Am Infotelefon sei „Erklären und Beraten“ die Hauptaufgabe. „Es geht oft darum, den Menschen die Angst zu nehmen.“
Von Lockerungen ist wenig zu spüren
An ihrem Arbeitsplatz sei von Lockerungen und Rückkehr zum Normalbetrieb bislang wenig zu spüren, sagt Schwester Karin. Im Gegenteil: „Jetzt müssen wir erst einmal schauen, wie sich die Infektionszahlen weiter entwickeln.“ Noch gebe es durchaus die Sorge, dass sich die Fallzahlen womöglich wieder erhöhen. „Die Sache ist noch nicht gegessen.“
Das gilt auch im Zusammenleben mit ihren beiden Mitschwestern in ihrem Bottroper Konvent. Nach digitalen Gottesdiensten via Skype denken die Schwestern zwar mittlerweile wieder über Abendgebete für die Gemeinde nach – aber angesichts der Abstandsgebote müssen sie nun in ein größeres Gotteshaus ausweichen und vorerst auf Gesang verzichten. Egal ob im Gesundheitswesen oder in der Kirche: Von Alltag kann noch lange keine Rede sein.