Berlin – Vor Fertigstellung der Berliner Schlosskuppel an diesem Freitag bleibt die Rekonstruktion der christlichen Elemente umstritten. In einem Kommentar für die „Jüdische Allgemeine“ (Donnerstag) rief der Berliner Rabbiner Andreas Nachama die Kirchen zum Einspruch auf. Der evangelische Kirchenhistoriker Christoph Markschies verteidigte in einem Interview der „Berliner Zeitung“ (Donnerstag) die Wiederherstellung.
Nachama: Widmungsspruch des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. beseitigen
Nachama appellierte an den katholischen Erzbischof Heiner Koch und den evangelischen Landesbischof Christian Stäblein, sie sollten „an der Spitze einer Bürgerinitiative dafür plädieren“, den die Kuppel umrundenden Widmungsspruch des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. zu beseitigen. Der aus Zitaten des biblischen Neuen Testaments zusammengesetzte Spruch lautet: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“
Friedrich Wilhelm IV. habe „sich einen Namen bei der blutigen Niederschlagung der Revolution von 1848 gemacht“, begründete Nachama seine Position. Der Jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit betonte: „Ich bin gespannt, wie die Berliner Bischöfe auf die Vereinnahmung ihres Glaubens reagieren, denn sie sind durchaus Förderer von religiösem Miteinander und Respekt.“
Markschies: Auseinandersetzung mit unserer eigenen Geschichte
Nachama schloss sich damit Kritikern einer originalgetreuen Rekonstruktion der christlichen Elemente an der Schlosskuppel an. Gegen die Wiedererrichtung des Kuppelkreuzes über den Räumen, die später Berlins völkerkundliche Sammlungen aufnehmen, hat der Rabbiner indes nichts einzuwenden: „Ich fand es immer folgerichtig, dass über den auf fragwürdige Weise nach Berlin gekommenen Sammlungsstücken das Kreuz thronen würde, denn diese Forschungen waren im Zeichen der christlichen Überlegenheit über die ‚Naturvölker‘ angelegt.“
Markschies stellte sich hinter die Entscheidung, Kreuz und Inschrift zu rekonstruieren. „Es geht im Humboldtforum neben der Darstellung indigener Kulturen und der Gegenwart auch um die Auseinandersetzung mit unserer eigenen Geschichte“, betonte der Professor für antikes Christentum an der Humboldt-Universität. Dabei müsse jedoch klar werden, „dass es sich um Teile einer Ausstellungsarchitektur handelt, nicht um die Bauzier einer Kirche und nicht um die Botschaft des Humboldtforums“. Anhand solcher Zeichen könne man „über unser Verhältnis zur Vergangenheit und zur Religion streiten“, erklärte der künftige Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. „Das kann mir als Historiker und Theologe nur recht sein.“