Berlin – Im Vorgehen gegen Ressentiments und Rassismus dringen Experten auf einen bewussteren Umgang mit Sprache. „Sprache wird als Waffe geführt“, sagte der Geschäftsführer des jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks (ELES), Jo Frank, am Freitagabend bei einer im Internet übertragenen Diskussionsveranstaltung in Berlin.
In diesem Sinne könne sich Sprache auch in Taten umsetzen. Das zeige sich etwa bei dem Anschlag auf die Synagoge in Halle und bei den Morden von Hanau. Stets seien Sprache und Gesellschaft miteinander verknüpft, auch in der aktuellen Debatte über Rassismus und den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz. „Sprache ist auch Trägerin von Geschichte“, so Frank weiter.
Roth: Versuch, Sprache zu entgrenzen
Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth betonte, es werde versucht, Sprache zu entgrenzen und den politischen Diskurs zu vergiften – etwa durch die AfD. Zu beobachten sei eine aggressive und auch sexistische Sprache. „Wir erleben Hass und Hetze, die außerhalb der Parlamente auch zu Taten führen.“ Vielen Menschen falle zum Beispiel gar nicht auf, wenn Begriffe aus dem rechten Spektrum mit einer „gewissen Signalwirkung“ genutzt würden.
Der Autor Max Czollek ergänzte, aus seiner Sicht sei nicht erst mit der AfD eine größere Menschenfeindlichkeit aufgekommen. Die Partei eskaliere etwas, das es schon lange vorher in der Gesellschaft gegeben habe. Vielmehr müsse man sich fragen, wie das Sprechen eingerichtet sei, so dass es die AfD überhaupt geben könne, und wie es zu einer Entgrenzung von Sprache habe kommen können. Czollek plädierte dafür, lieber an etwas gemeinsam zu arbeiten anstatt sich aneinander abzuarbeiten.
Viele Menschen nicht über ihren Gebrauch von Sprache bewusst
Die Publizistin Kübra Gümüsay monierte, viele Menschen seien sich gar nicht über ihren Gebrauch von Sprache bewusst. Sie nutzten Sprache „unbefangen“. Gümüsay erinnerte daran, dass der Gebrauch bestimmter Begriffe auch eine bestimmte Sicht auf die Welt offenbare. Das zeige sich zum Beispiel in dem Wort „Gutmensch“. Insgesamt mache eine Entmenschlichung von Sprache einige Personen zur „Zielscheibe“. Gümüsay kritisierte, dass man sich im medialen Diskurs mitunter an einer entgrenzten Sprache „ergötze“.
Sie warb dafür, stattdessen das mit Reichweite zu belohnen, was die Demokratie nicht infrage stelle. Die Diskussionsveranstaltung fand im Rahmen des ELES-Programms „Dialogperspektiven. Religionen und Weltanschauungen im Gespräch“ auf der virtuellen „Langen Nacht der Ideen“ des Auswärtigen Amtes statt.