Istanbul – Der orthodoxe Ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios I. hat sich erneut öffentlich gegen die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee ausgesprochen. Die Hagia Sophia sei eines der bedeutendsten Baudenkmäler der menschlichen Zivilisation und gehöre nicht bloß ihren unmittelbaren Eignern, sondern „der gesamten Menschheit“, sagte der Patriarch am Dienstag bei einem Gottesdienst in der Apostelkirche im Istanbuler Stadtteil Feriköy. Das türkische Volk trage die Verantwortung, diese Universalität hervorzuheben, so Bartholomaios laut seinem vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel veröffentlichten Predigttext.
Seit 1934 hat die Hagia Sophia den Status eines Museums. Als solches könne sie als „Ort und Symbol von Begegnung, Dialog und friedlichem Zusammenleben der Völker und Kulturen, des gegenseitigen Verständnisses und der Solidarität zwischen Christentum und Islam“ fungieren, betonte Bartholomaios. Eine Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee hingegen würde „Millionen Christen in aller Welt enttäuschen“ und zu Brüchen führen. Dies genau in einer Zeit, so der Patriarch, „in der die geplagte und leidende Menschheit aufgrund der tödlichen Pandemie des neuen Coronavirus Einheit und gemeinsame Orientierung braucht“.
Gericht entscheidet an Donnerstag über künftigen Status
Am Donnerstag soll das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei über den künftigen Status des weltbekannten Gebäudes in der Metropole am Bosporus entscheiden. Die im sechsten Jahrhundert erbaute Hagia Sophia, damals die größte Kirche der Welt, wandelten die Osmanen nach der Eroberung Konstantinopels (heute Istanbul) 1453 in eine Moschee um. Unter dem Republikgründer Mustafa Kemal („Atatürk“) wurde sie 1934 zum Museum erklärt.
Die türkische Denkmalschutzvereinigung scheiterte in den vergangenen Jahren immer wieder mit Anträgen auf Rückverwandlung des Baus in ein islamisches Gotteshaus. Zuletzt setzte sich Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan an die Spitze der Moscheebewegung und forcierte in den vergangenen Wochen das Vorhaben. Sollte das Verwaltungsgericht den Weg freimachen, könnte die Umwidmung der Hagia Sophia zur Moschee schon am 15. Juli umgesetzt sein. Eine entsprechende Weisung Erdogans soll bereits vorliegen.