Weiter Kritik an Umwandlung von Hagia Sophia

Nach der Umwandlung der Istanbuler Hagia Sophia in eine Moschee hält die Kritik an der türkischen Regierung an. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, der Schritt sei kein Beitrag zur Völkerverständigung. „Es ist eine Entscheidung, die wir nicht nachvollziehen können, da der Weltkulturerbe-Status dieses einzigartigen Gebäudes eine Bedeutung weit über die Türkei hinaus hat“, sagte Maas der „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“ (Samstag). Nötig sei ein vernünftiger Dialog zwischen der Türkei und der Europäischen Union, so Maas. Ankaras Entscheidung zur Hagia Sophia sei dafür nicht hilfreich.

Heiko Maas

Heiko Maas (Foto: © James Rea | Dreamstime.com)

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis erklärte in einer Videoansprache, die Türkei habe mit der Umwidmung der Hagia Sophia am Freitag universelle Werte verletzt. Die Maßnahme sei keine Manifestation der Stärke, sondern ein Beweis der Schwäche. „Sie werden sicherlich nicht die Macht haben, die Ausstrahlung einer Weltkulturerbestätte zu überschatten“, so Mitsotakis. An diesem Tag sei die Hagia Sophia mehr denn je in den Herzen der griechisch-orthodoxen Christen. „Und so wird es immer bleiben“, betonte der Ministerpräsident.

Fresken und Mosaike aus christlich-byzantinischer Zeit verhängt

Gemeinsam mit Hunderten Gläubigen hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Mittag in dem historischen Bauwerk über dem Bosporus das erste Freitagsgebet seit 86 Jahren vollzogen. Zur Eröffnung der Umwidmungs-Zeremonie rezitierte der Staatschef die Eröffnungssure des Koran. Die Gläubigen in dem Gotteshaus sowie Tausende Gebetsteilnehmer, die das Geschehen vor Videowänden rund um die Hagia Sophia verfolgten, reagierten mit „Allahu Akbar“-Rufen. Die Fresken und Mosaike aus christlich-byzantinischer Zeit waren während des Gebets verhängt worden.

Der Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, sprach in seiner Predigt von einem gesegneten Tag für die Türkei und den Islam. Die Moscheen seien Quellen der Einheit der Gläubigen. Die Muslime rief Erbas auf, auf der ganzen Welt für Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit einzutreten. Dies entspreche der Botschaft des Islam. Er betonte, die Hagia Sophia stehe auch als Moschee allen aufrichtigen Menschen offen.

1.000 Jahre lang die größte Kirche des Christentums

Die Hagia Sophia war fast 1.000 Jahre lang die größte Kirche des Christentums. 1453 machten die osmanischen Eroberer daraus eine Moschee. Der Gründer der türkischen Republik, Mustafa Kemal „Atatürk“, erklärte das Bauwerk 1934 zum Museum. Ihre erneute Umwandlung in eine Moschee durch die Regierung Erdogan löste international scharfe Proteste aus, insbesondere von den orthodoxen Kirchen, aber auch vonseiten Russlands und der EU.

Aus Trauer und Protest gegen die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee läuteten am Freitagmittag in Griechenland und Zypern die Glocken vieler orthodoxer Kirchen. Bischöfe beider Länder hatten zu dem Trauergeläut aufgerufen. Zyperns Erzbischof Chrysostomos kritisierte die Umwandlung der Hagia Sophia als „unannehmbar und verbrecherisch“. Das Oberhaupt der orthodoxen Kirche Griechenlands, Erzbischof Hieronymos, hatte den Freitag zum Tag der Trauer für das Christentum und das Griechentum erklärt.

Donald Trump sorgt sich um Menschenrechte

US-Präsident Donald Trump sagte, die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee sehe er mit „starker Unzufriedenheit“. Den Zustand der Menschenrechte und der Religionsfreiheit in der Türkei betrachte er mit Sorge, so Trump bei einem Treffen mit dem griechisch-orthodoxen Erzbischof von Amerika Elpidophoros im Weißen Haus.

Von Christoph Schmidt (KNA)