Osnabrück – Der evangelische Landesbischof Hannovers, Ralf Meister, hält eine Selbsttötung auch aus christlicher Perspektive für zulässig und plädiert für eine aktivere Rolle der Ärzte. „Der Mensch hat ein Recht auf Selbsttötung, wobei ich hier Recht nicht juristisch meine, sondern theologisch als eine Möglichkeit verstehe“, sagte Meister der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
„Wenn mir Gott das Leben schenkt, hat er mir an dem Tag, ab dem ich Erdenbürger bin, auch die Berechtigung zur Gestaltung dieses Lebens gegeben.“ Diese Selbstbestimmung habe auch mit der Beziehung zu Gott und anderen Menschen zu tun, sie sei immer eingebunden in ein Beziehungsgeschehen.
Ärzte sollten tödliche Medikamente verschreiben dürfen
Der Landesbischof erklärte, er hoffe nun auf eine gute Diskussion über den Umgang mit Sterbenden und deren Begleitung. Meister bejahte, dass es Ärzten künftig erlaubt sein sollte, ein tödliches Medikament zu verschreiben und zu verabreichen. „Genau über diesen Punkt sollten Gesetzgeber und Ärztekammer sprechen“, sagte er.
Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende Februar den Paragrafen 217 Strafgesetzbuch für nichtig erklärt und damit das 2015 vom Bundestag beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung aufgehoben. Karlsruhe betonte, es gebe ein umfassendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Darin sei die Freiheit eingeschlossen, auch die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Das Urteil traf bei der katholischen und Teilen der evangelischen Kirche sowie manchen Vertretern der Ärzteschaft auf heftige Kritik.
Vorschläge für eine Gesetzesreform
Zugleich erklärte das Gericht ausdrücklich, dass es dem Gesetzgeber möglich sei, eine neue rechtliche Regelung zu beschließen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erbat daraufhin von Kirchen, Medizinern, Juristen und Sozialorganisationen Vorschläge für eine Gesetzesreform.