Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat in einem neuen Buch deutliche Kritik an Reformbestrebungen innerhalb der katholischen Kirche geübt. Die Themen des Reformdialogs Synodaler Weg in Deutschland seien „vom Ansatz her schräg“. Mit Blick auf die Reforminitiative, bei der es insbesondere um Macht, Sexualität, Frauen und priesterliche Lebensform geht, sagte Müller: „Ich kann bisweilen nur staunen, was Bischöfe so alles denken – und dann auch noch sagen.“ Der Synodale Weg „des kirchlichen Establishments“ ziele „auf eine weitere Verweltlichung der Kirche“, so der Kardinal.
Das Buch geht auf 344 Seiten Müllers Lebensstationen nach – beginnend mit dem Elternhaus über das Theologiestudium, sein Wirken als Priester und Bischof von Regensburg bis zur Arbeit als Chef der römischen Glaubenskongregation. Behandelt werden auch Themen wie Ökumene, Glaube und Vernunft, Freiheit und Sexualität. „Wahrheit. Die DNA der Kirche“ ist ein Interviewbuch, bei dem der Publizist Martin Lohmann Fragen stellt.
Vatikan-Papier zur Pfarreireformen sei ein Segen
Dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) spricht Müller darin den Anspruch ab, alle Katholiken zu vertreten. Das ZdK verfolge „eher eine politische als eine kirchliche Ausrichtung“, passe nicht in die Zeit und bedürfe einer Reform. Pfarrer und Bischöfe sieht Müller dem „Druck in Richtung maingestreamte Zivilreligion“ ausgesetzt. Weil die Volkskirche verschwinde, „wollen die Bischöfe unbedingt mithalten mit den Themen der Welt. Sie meinen dann, in einer anderen Preisklasse mitspielen zu sollen.“ Sie hielten sich für prominent, gäben sich leger und öffneten die Türe für Home-Stories. Es sei aber nicht Aufgabe der Bischöfe, „Konformitätsdruck zu weichen“.
„Fast schon obszön“ ist es für den Kardinal, wenn Priester den „Kampfbegriff“ Klerikalismus „gegen die Kirche auf die eigenen Mitbrüder“ umlenkten. Das Papier vom Juli, in der die Kleruskongregation Pfarreireformen Grenzen setzt, bezeichnete er als Segen. Zur Kirche vor Ort gehöre der Hirte, „der seine Schafe kennt und ihnen nahe ist“. Dass deutsche Bischöfe Kritik an der Instruktion äußerten, mache „das grundsätzliche Problem noch einmal deutlicher“.
Müller nennt Homosexualität eine „erfundene Ausdrucksweise“
Homosexualität nennt Müller in dem Buch eine „erfundene Ausdrucksweise“. Sie suggeriere, es gebe neben Mann- und Frau-Sein eine dritte Form von Geschlechtlichkeit; dabei gebe es aber nur das männliche und weibliche Geschlecht als Wesensbestimmung des menschlichen Leibes. Davon zu unterscheiden sei die erotische Ausrichtung, „die manche pseudowissenschaftlich als Hetero- oder Homosexualität“ bezeichneten.