Vatikanstadt. Papst Franziskus hat Kurienkardinal Giovanni Angelo Becciu vom Amt als Präfekt der Heiligsprechungskongregation entbunden. Zugleich nahm er den Verzicht Beccius auf alle Rechte seiner Kardinalswürde an. Das teilte der Vatikan am Donnerstagabend ohne Angabe von Gründen mit.
Franziskus hatte Becciu erst 2018 an die Spitze der Heiligsprechungskongregation berufen und zum Kardinal ernannt. Zuvor war er sieben Jahre Substitut des Staatssekretariats und somit für zentrale personelle und finanzielle Angelegenheiten in der Kirchenleitung zuständig. Der 72-jährige Sarde galt im Vatikan als gut vernetzt und machtbewusst. Unter anderem legte er sich mit dem damaligen vatikanischen Wirtschaftschef Kardinal George Pell offen wegen Kompetenzen bei der Vermögenskontrolle an. Auch am Rücktritt des vatikanischen Wirtschaftsprüfers Libero Milone 2017 war Becciu beteiligt.
Vatikanische Staatsanwaltschaft ermittelt
In die Amtszeit Beccius im Staatssekretariat fällt die unglücklich verlaufene Investition einer dreistelligen Millionensumme in eine Immobilie in London. Die vatikanische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter des Staatssekretariats und der vatikanischen Finanzaufsicht wegen Korruption. Eine Stellungnahme zu seiner Rolle bei den Investitionen und zu einer möglichen persönlichen Verantwortung lehnte Becciu gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) im Oktober 2019 ab. Zur Begründung verwies er auf laufende interne Untersuchungen.
Der promovierte Kirchenrechtler trat mit 35 Jahren in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls. Zu seinen Stationen gehörten Großbritannien, Neuseeland, Frankreich, die USA, Kuba, die Karibik und afrikanische Länder wie Sudan und Angola. 2011 ernannte Benedikt XVI. ihn zum Substituten im Staatssekretariat. Franziskus machte ihn 2017 außerdem zum Sondergesandten für den Souveränen Malteserorden, um die dortigen Reformbemühungen nach einer Leitungskrise zu begleiten.
Weniger Paostwähler
Dass ein Kardinal seine Funktion als engster Berater des Papstes abgibt, ist äußerst selten. Zuletzt verzichtete 2015 der schottische Kardinal Keith O’Brien wegen „unangemessenen Verhaltens“ gegenüber Seminaristen freiwillig auf die Rechte und Privilegien eines Kardinals. 2018 verlor der US-Amerikaner Theodore McCarrick (90) die Kardinalswürde im Zusammenhang mit Vorwürfen früherer sexueller Übergriffe. Mit dem Verzicht Beccius auf seine Rechte als Kardinal zählt der Kreis der Papstwähler noch 121 Purpurträger, die jünger als 80 sind und somit an einer Papstwahl teilnehmen dürften