Rom. Der entlassene Kurienkardinal Giovanni Angelo Becciu soll nach Informationen der italienischen Zeitung „La Stampa“ (Onlineausgabe Montag) über seine Rolle in einer Investment-Affäre aussagen. Die Befragung vor der vatikanischen Justiz dürfte in Kürze stattfinden, schreibt das Blatt unter Berufung auf einen hohen Kurialen. Es gehe um Vorwürfe der Unterschlagung und Begünstigung. Becciu bestreitet jegliches Fehlverhalten. Der 72 Jahre alte frühere Spitzenbeamte im vatikanischen Staatssekretariat war vergangene Woche überraschend von der Leitung der Heiligsprechungskongregation zurückgetreten und verzichtete auf seine Rechte und Privilegien als Kardinal.
Möglicher Hintergrund ist eine verlustreiche Investition in dreistelliger Millionenhöhe in ein Geschäftshaus in der Londoner Sloane Avenue. Die Anlage erfolgte seit 2014, als Becciu Substitut des Staatssekretariats war. Mehrere frühere Untergebene sind im Visier der vatikanischen Staatsanwaltschaft, zudem ein ehemaliger Mitarbeiter der Finanzaufsicht und zwei italienische Investmentbanker.
Unterdessen berichteten andere Medien von einem bevorstehenden Besuch des australischen Kardinals George Pell im Vatikan. 2014 zum Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariats berufen, galt Pell als Konkurrent Beccius in der Vermögenskontrolle. Ab Sommer 2017 musste sich der heute 79-jährige Pell in Australien wegen Missbrauchsvorwürfen verantworten; seine Verurteilung zu sechs Jahren Haft wurde im April vom Obersten Gericht aufgehoben.
Am Mittwoch wird zudem eine Expertengruppe der Europarats-Kommission Moneyval im Vatikan erwartet. Das Team soll im Rahmen eines turnusmäßigen Besuchs vor Ort Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung überprüfen