Betroffene werfen Woelki „Missbrauch von Missbrauchsopfern“ vor

Einen „erneuten Missbrauch von Missbrauchsopfern“ werfen die ehemaligen Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln Kardinal Rainer Maria Woelki vor.
Einen "erneuten Missbrauch von Missbrauchsopfern" werfen die ehemaligen Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln Kardinal Rainer Maria Woelki vor.

Kardinal Rainer Maria Woelki (Foto: © bilder-erzbistum-koeln.de/Reiner Diart)

Einen „erneuten Missbrauch von Missbrauchsopfern“ werfen die ehemaligen Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln Kardinal Rainer Maria Woelki vor. Mit der von ihm abgesagten Veröffentlichung einer Missbrauchsuntersuchung und der Beauftragung eines neuen Gutachters sei das Gremium „völlig überrannt“ worden, sagte Patrick Bauer der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag). „Wir sollten das Zertifikat liefern: vom Beirat abgesegnet“, kritisierte Karl Haucke.

Zustimmung unter Druck gefallen

Ende Oktober hatte die Erzdiözese in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Betroffenbeirat mitgeteilt, dass das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) wegen angeblicher methodischer Mängel nicht veröffentlicht wird und der Kölner Strafrechtler Björn Gercke eine neue Untersuchung vorlegen soll. Später kritisierte Bauer, dass die Beratungen mit dem Erzbistum über das Thema „nicht gut gelaufen sind“.

Die Zustimmung zu dem Vorgehen der Erzdiözese sei unter Druck gefallen, sagten Bauer und Haucke der Zeitung. In der entscheidenden Sitzung hab er sich überraschend drei Juristen gegenübergesehen, die ihm erklärten, dass das Gutachten aufgrund methodischer Mängel nicht veröffentlicht werden könne, so Bauer. „Das war für mich wie der Moment, als ich damals von meiner Krebserkrankung erfahren habe. Und der Arzt sagte mir: Es gibt nur diese eine Therapie und diesen Weg müssen Sie gehen. Oder Sie sterben. Ich hatte keine Entscheidungsmöglichkeit.“

Zweifel an der Darstellung des Erzbistums Köln

Im Nachhinein habe er aber Zweifel an der Darstellung des Erzbistums Köln, so Bauer. Ihn habe stutzig gemacht, dass der neue Gutachter Gercke schon sechs Wochen zuvor alle Interventions- und Missbrauchsakten des Erzbistums erhalten habe. „Im Nachhinein dachte ich mir: Die Entscheidung ist längst gefallen“, betone der Ex-Sprecher.

„Die Erkenntnisse müssen toxisch sein aus der Sicht des Erzbistums“, sagte Haucke. Sonst würde sich das Erzbistum nicht derart der Kritik der Öffentlichkeit aussetzen. „Deshalb war ihnen auch unsere Unterstützung so wichtig.“ Haucke spricht von einer „Retraumatisierung“: „Es geht mir sehr schlecht. Das hat jemand mit mir angestellt, der mir vorher Zusammenarbeit auf Augenhöhe angeboten hat.“

Rücktritt von Woelki?

Angesprochen auf Rücktrittsforderungen gegen Woelki, sagte Haucke: „Mich würde schon interessieren, wie Kardinal Woelki sein Bischofsamt und sein Verhalten in Einklang bringt. Margot Käßmann, die evangelische Bischöfin, ist zurückgetreten, weil sie mit zu viel Alkohol im Blut über eine Ampel gefahren ist. Den erneuten Missbrauch von Missbrauchsopfern finde ich nicht weniger verwerflich.“ Bauer und Haucke, die aus dem Gremium ausgetreten sind, fordern eine Veröffentlichung des WSW-Gutachtens.

kna