Bischofswahl aus heiterem Himmel

Nun geht alles ganz schnell: Bereits an diesem Montag wählen die 22 Domherren im Schweizer Bistum Chur einen neuen Bischof. Bisher war mit der Wahl erst nach Ernennung eines neuen Nuntius gerechnet worden.
Nun geht alles ganz schnell: Bereits an diesem Montag wählen die 22 Domherren im Schweizer Bistum Chur einen neuen Bischof. Bisher war mit der Wahl erst nach Ernennung eines neuen Nuntius gerechnet worden.

(Symbolfoto: marcelkessler/ Pixabay)

Der Christkönigsonntag ist ein wichtiges katholisches Hochfest: der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Etwas geht zu Ende, etwas Neues beginnt. Die Analogie aus dem Liturgie-Kalender könnte für das Schweizer Bistum Chur kaum passender sein. Denn just an diesem Sonntag platzte die Nachricht herein: Am Montag, 23. November, kommt das Domkapitel um 10.15 Uhr zusammen, um den künftigen Bischof von Chur zu wählen, wie das Portal kath.ch aus sicherer Quelle berichtet.

Warten seit dreieinhalb Jahren^

Auf diese Nachricht wartet das Bistum seit dreieinhalb Jahren. Am 21. April 2017 feierte Bischof Vitus Huonder seinen 75. Geburtstag. Das Kirchenrecht sieht vor, dass Bischöfe mit 75 dem Papst ihren Rücktritt anbieten. Das tat auch Vitus Huonder – doch Papst Franziskus schickte ihn in die Verlängerung. 2019 bekam das Bistum keinen neuen Bischof, sondern mit Peter Bürcher einen Apostolischen Administrator. Für viele wurde der Walliser eine Enttäuschung. Statt den Übergang zu verwalten, ließ er sich vom unbeliebten Generalvikar Martin Grichting einen Hardliner-Kurs diktieren.

Im März entließ Bürcher den beliebten Generalvikar Martin Kopp. Dieser hatte gesagt, dass eine staatliche Intervention bei der Bischofswahl auf das Staatssekretariat einen größeren Eindruck mache als der Protest von Reform-Katholiken. Seitdem ist Feuer unter dem Kirchengedacht. Auch Priester haben sich einer Protestgruppe angeschlossen, die einen Neuanfang im konservativen Bistum Chur erhoffen. Der scheint nun zum Greifen nahe.

Bisheriger Nuntius mit seiner Strategie gescheitert

Laut kath.ch vom Sonntagabend wählen die 22 Domherren nun also bereits weniger als 24 Stunden später in Chur den neuen Bischof. Sie werden aus einer Dreierliste des Papstes einen Mann zum künftigen Bischof von Chur wählen. Zuerst hatte der „Tagesanzeiger“ über den Termin berichtet.

Das Wahlrecht liegt im Bistum Chur beim Domkapitel. Wie kath.ch weiter berichtete, hat der bisherige Nuntius, Erzbischof Thomas Gullickson, mehrere Anläufe genommen, um Rom einen konservativen Bischofskandidaten schmackhaft zu machen. Doch immer wieder sei er mit dieser Strategie gescheitert. Zum Jahresende verlässt er die Schweiz. Die meisten hatten erwartet, dass erst mit einem neuen Nuntius auch die Wahl vonstatten gehen könnte, mancher tippte auf Ostern 2021.

Moderate Liste

Nun läuft alles im Blitztempo – und auf eine moderate Liste hinaus. Bislang machten sieben Namen als mögliche Bischöfe die Runde: Offizial Joseph Bonnemain, der Luzerner Pfarrer Ruedi Beck, der Horgener Pfarrer Adrian Lüchinger und der Richterswiler Pfarrer Mario Pinggera. Hinzu kommen der Abt von Einsiedeln, Urban Federer, der Abt von Disentis, Vigeli Monn, und der Ex-Abt von Hauterive, Mauro-Giuseppe Lepori.

In den Statuten des Domkapitels ist festgehalten, dass das Kapitel von Chur aus sechs Residierenden Domherren und 18 Nichtresidierenden Domherren besteht. Allerdings sind aufgrund von zwei Todesfällen nur 22 der sonst 24 Posten im Domkapitel vergeben.

Wunsch nach einem Brückenbauer

Einer, der wie viele Katholiken im Bistum Chur auf einen Neuanfang hofft, ist Martin Kopp. Er war Generalvikar in der Urschweiz – bis ihn Bischof Peter Bürcher im März fristlos schasste. Ein Brückenbauer wäre für Kopp „die Minimal-Anforderung. Schöner wäre es, wenn wir jemanden bekämen, der das Bistum kennt, der sich den Problemen stellt und mit viel Klugheit das Bistum in die Zukunft führt“. Auch sollte der neue Bischof eine Vision für den Platz der Kirche im 21. Jahrhundert mitbringen.

Thomas Bergamin, Präsident der katholischen Landeskirche in Chur, wünscht sich einen „Brückenbauer, der auch ein Menschenfreund ist. Für den neuen Bischof gelten die vier Ms: Man muss Menschen mögen.“ Der neue Bischof solle den Menschen auf Augenhöhe begegnen und sie in ihrer Vielfalt akzeptieren. „Gott hat die Menschen ja so vielfältig gemacht“, sagt Bergamin.

Von Raphael Rauch (kna/kath.ch)