„Corona-Pandemie“ ist Wort des Jahres

Nicht nur das Virus, auch die Wortspiele mit Corona breiten sich pandemisch aus: Millionenfach im Internet, aber auch in der jährlichen Rangliste der Gesellschaft für deutsche Sprache.
Verschwörungstheorien

(Symbolfoto: Omni Matryx/Pixabay)

Nicht nur das Virus, auch die Wortspiele mit Corona breiten sich pandemisch aus: Millionenfach im Internet, aber auch in der jährlichen Rangliste der Gesellschaft für deutsche Sprache.

Für viele Menschen war es keine Überraschung: „Corona-Pandemie“ ist zum Wort des Jahres 2020 gekürt worden. Der zusammengesetzte Begriff bezeichne „das beherrschende Thema nahezu des gesamten Jahres“, teilte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) am Montag in Wiesbaden mit.

Die Corona-Pandemie stehe nicht nur für die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Seuche mit weltweit bislang fast 1,5 Millionen Todesfällen habe auch für viele neue Wortbildungen gesorgt: Coronavirus, Corona-Krise, Corona-Zahlen, Corona-Jahr, Corona-Demo, Corona-Hotspot, Corona-Warn-App oder coronabedingt.

Und solche Wortspiele breiten sich geradezu seuchenartig aus: Für die Wendung „in Zeiten von Corona“ erbrachte eine Internetsuche Ende November 2020 rund neun Millionen Belege. Auch eine neue Zeitrechnung entstand: im Englischen lese man inzwischen die Abkürzung B.C. für „Before Corona“. Bis dato war B.C. vor allem die Abkürzung für „Before Christ“, also „vor Christus“.

Auf den zweiten Platz der Wörter des Jahres wählte die GfdS-Jury den „Lockdown“, auf Platz drei landete die „Verschwörungserzählung“. Auf die Plätze vier bis zehn wurden folgende Formulierungen gewählt: „Black Lives Matter“, „AHA“, „systemrelevant“, „Triage“, „Geisterspiele“, „Gendersternchen“ und „Bleiben Sie gesund!“.

Gekürt wurden von der Jury nicht die am häufigsten verwendeten Ausdrücke, sondern solche, „die das zu Ende gehende Jahr in besonderer Weise charakterisieren“. Dass acht von zehn Wörtern der Liste einen direkten Corona-Bezug haben, zeige deutlicher als jede Einzelplatzierung, wie stark 2020 von der Pandemie geprägt sei.

So verweise der aus dem Englischen entlehnte Begriff „Lockdown“ auf das – teilweise – Lahmlegen des öffentlichen Lebens durch die Schließung von Gaststätten, Hotels, Geschäften oder Kultureinrichtungen. Der Begriff „Verschwörungserzählung“ bezeichne unter anderem die Propaganda von Corona-Leugnern.

Humor zeigten die Sprachforscher bei der Kommentierung des Buchstaben-Kurzworts oder Akronyms „AHA“, das für „Abstand, Hygiene, Alltagsmaske“ steht. Mittels Sicherheitsabstand, Händewaschen und Mund-Nasen-Bedeckung, umgangssprachlich auch „Snutenpulli“, „Goschentuch“, „Schnüssjäckje“, „Bützjekondom“ oder „Maultäschle“ genannt, solle die Ausbreitung des Coronavirus eingedämmt werden, hieß es.

Auch „systemrelevant“ wurde im Corona-Jahr zu einem prägenden Begriff: So werden Unternehmen bezeichnet, die ein Staat ohne schwere Beeinträchtigung der Infrastruktur nicht bankrott gehen lassen will, und auch für das Gemeinwesen unverzichtbare Berufsgruppen.

Die „Triage“ stehe für eine der dunkelsten Seiten von Corona. Abgeleitet von französisch „trier“ (sortieren) werfe das medizinische Fachwort im Zusammenhang mit Corona die Frage auf: Wer erhält eine Intensivtherapie, wenn Betten, Pfleger oder Beatmungsgeräte nicht für alle ausreichen? Es sei zugleich einer der seltenen Fälle, in denen sich ein französischstämmiger Ausdruck unter den Wörtern des Jahres finde.

Ebenfalls eine direkte Folge der Pandemie seien die „Geisterspiele“ – beispielsweise Fußballspiele vor fast oder ganz leeren Rängen. Und die Abschiedsgrußformel „Bleiben Sie gesund!“ sei inzwischen so etwas wie der „Satz des Jahres“ geworden.

Auf Platz 9 landete – ganz ohne Bezug zum Virus – das „Gendersternchen“, das als Begriff 2020 in den Duden aufgenommen wurde. Es symbolisiere „die zunehmende Diskussion um einen sogenannten geschlechtergerechten oder -sensitiven Sprachgebrauch“, etwa im Falle von Arbeiter*innen oder Lehrer*innen. Die GfdS rät von einer Verwendung allerdings ab. Der Stern im Wort sei „weder mit der deutschen Grammatik noch mit den Regeln der Rechtschreibung konform“.

Mit dem englischen Slogan „Black Lives Matter“ (Schwarze Leben zählen) schaffte es schließlich eine schon 2013 in den USA gestartete internationale Bewegung gegen rassistische Polizeigewalt in die deutsche Wort-Rangliste. Die Wörter des Jahres wurden nun zum 44. Mal in Folge bekanntgegeben. Die Aktion sei die älteste ihrer Art, so die GfdS, und finde mittlerweile „weltweit Nachahmung“.

Von Norbert Demuth (KNA)