Der Münchner Kardinal Reinhard Marx (67) hat schon 2012 aus seinem Privatvermögen knapp 100.000 Euro an Missbrauchsopfer gegeben.
Stiftung für Betroffene sexuellen Missbrauchs in der Kirche gegründet
Marx hatte Anfang Dezember die Gründung einer Stiftung für Betroffene sexuellen Missbrauchs in der Kirche mitgeteilt. Er habe sich entschlossen, dafür „den allergrößten Teil“ aufzuwenden, insgesamt 500.000 Euro, so der Kardinal. Die Stiftung trägt den Namen „Spes et Salus“ (Hoffnung und Heil). Sie soll laut Satzung einen Beitrag zur „Selbstermächtigung“ der Betroffenen leisten. Diese würden „gleichberechtigt“ an der Ausgestaltung der Stiftungsleistungen beteiligt.
Im SZ-Interview sagte Marx nun, er habe seine Aktion öffentlich gemacht, „damit vielleicht auch andere sagen: Das finden wir gut, wir geben Geld dazu. Gerne auch international; wir haben ja hier kein deutsches Problem, sondern eines der Weltkirche.“ Marx war bis 2019 auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Er räumte ein, dass er für die Stiftungspläne seitdem etwas freier sei als mit diesem Amt. So könne keiner unterstellen, er wolle etwa seine Mitbrüder damit unter Druck setzen. Zuletzt sei das Nachdenken über die Stiftung konkreter geworden, so Marx; als ihm „klar wurde, dass Menschen durch das, was ihnen im Raum der Kirche angetan wurde, ihren Glauben verloren haben“.
Marx: Gutachten über Missbrauch im Frühjahr 2021
Auf die Frage: „Wieso hat der so viel Geld?“, sagte der Kardinal: „Die Antwort ist ganz einfach: Weil er’s nicht ausgegeben hat.“ Er habe „nichts geerbt, kein Eigentum, kein Haus. Ich habe keine teuren Hobbys, ich kaufe Bücher, ab und zu muss eine Zigarre drin sein“. Ihm sei immer klar gewesen, dass er sein Vermögen nicht für sich verbrauchen werde, sagte Marx der SZ. Es blieben ihm ja „noch gut 100.000 Euro – und ich verdiene ja weiterhin Geld, Besoldungsgruppe B 10“; das entspricht einem Monatsbrutto von 13.654 Euro.
Als erste deutsche Diözese hatte das Erzbistum München und Freising unter Marx 2010 einen unabhängigen Missbrauchsbericht vorgestellt, für den die Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) Personalakten seit 1945 durchforstete. Ein erweitertes Gutachten wurde Ende Februar bei derselben Kanzlei in Auftrag gegeben. Es soll den Zeitraum bis 2019 und damit auch die Amtszeit von Marx einschließen und Verantwortliche für etwaige Versäumnisse nennen. Der Bericht werde nicht vor Frühjahr 2021 fertig sein, hieß es zuletzt beim Erzbistum.