Historiker: Priester-Bild kann Machtmissbrauch begünstigen

Der Hamburger Historiker Thomas Großbölting sieht im Selbstverständnis katholischer Priester einen wichtigen Risikofaktor für Machtmissbrauch und Vertuschung. „
Osnabrück – Der Hamburger Historiker Thomas Großbölting sieht im Selbstverständnis katholischer Priester einen wichtigen Risikofaktor für Machtmissbrauch und Vertuschung. "Wir müssen uns klarmachen, dass vieles darin begründet liegt, dass diese Personengruppe eine Selbstsicht hat, die Machtmissbrauch begünstigt" sagte Großbölting, der mit einem Wissenschaftlerteam die Missbrauchsfälle im Bistum Münster erforscht, am Dienstag der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Thomas Großbölting. (Foto: Uni Münster)

Der Hamburger Historiker Thomas Großbölting sieht im Selbstverständnis katholischer Priester einen wichtigen Risikofaktor für Machtmissbrauch und Vertuschung. „Wir müssen uns klarmachen, dass vieles darin begründet liegt, dass diese Personengruppe eine Selbstsicht hat, die Machtmissbrauch begünstigt“ sagte Großbölting, der mit einem Wissenschaftlerteam die Missbrauchsfälle im Bistum Münster erforscht, am Dienstag der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Wahrnehmung des Priesters als heiliger Mann begünstigt Vertuschung

„Die Idee des geweihten Priesters kann die Vorstellung zur Folge haben, dass man diesen in seinem Status erhalten muss. Es geht dann nicht um eine Person, sondern um einen heiligen Mann“, erläuterte der Historiker. Das könne dazu führen, dass Missbrauch verschwiegen werde oder dass Priester trotz Gefängnisstrafen schnell wieder im pastoralen Dienst eingesetzt worden seien.

„Kirchennahe Therapeuten haben zum Beispiel Prognosen für Täter erstellt, die dem Wunsch der Auftraggeber entsprachen“, sagte Großbölting. „In den 90er Jahren haben wir viel über rechtliche Parallelwelten gesprochen – etwa in muslimischen Communities. Die finden sich auch in christlichen Zusammenhängen.“

Großbölting: „Die Bischöfe vereinen eine teils problematische Mischung von Funktionen“

Stärker als in anderen Organisationen gehe es in der katholischen Kirche bei der Ermittlung von Zusammenhängen um die zentralen Entscheidungsträger. „Bei Organisationen, die auf eine Führungsspitze hin organisiert sind, hängt es von den Führungspersonen ab, wie Regeln eingehalten werden“, sagte der Historiker. Selbst mit klaren Vorgaben aus Rom werde unterschiedlich umgegangen.

Dabei komme eine kirchenrechtliche Besonderheit ins Spiel: „Die Bischöfe vereinen eine teils problematische Mischung von Funktionen – sie können Studienjahrgangskollege und Freund sein und dann plötzlich der Richter, der über Strafen entscheiden muss. Da sind Loyalitätskonflikte vorprogrammiert.“

kna