Bei seinem geplanten Irak-Besuch (5. bis 8. März) will Papst Franziskus laut dem chaldäischen Patriarchen Kardinal Louis Raphael I. Sako auch an einem interreligiösen Gebet in Ur teilnehmen, dem überlieferten Geburtsort Abrahams, Stammvater von Juden, Christen und Muslimen.
Jerusalem/Paris – Bei seinem geplanten Irak-Besuch (5. bis 8. März) will Papst Franziskus laut dem chaldäischen Patriarchen Kardinal Louis Raphael I. Sako auch an einem interreligiösen Gebet in Ur teilnehmen, dem überlieferten Geburtsort Abrahams, Stammvater von Juden, Christen und Muslimen. Neben diesem Gebet mit Christen, Muslimen, Juden, Mandäern und Jesiden sei zudem eine Messe im chaldäischen Ritus geplant, sagte er im Videointerview mit dem franziskanischen Christian Media Center (CMC) in Jerusalem (Donnerstag). Sako ist das Oberhaupt der mit Rom verbundenen Kirche
Erstmals würde ein Papst in einem ostkirchlichen Ritus feiern
Erstmals würde damit ein Papst in einem ostkirchlichen Ritus feiern – und er „umarmt damit die ganze Kirche“ als Papst aller Katholiken und nicht nur der lateinischen Katholiken, so Sako. Weitere Punkte des Besuchsprogramms sind laut dem Patriarchen ein Treffen mit zivilen Vertretern in Erbil, ein Besuch in der besonders hart von den Zerstörungen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) getroffenen Stadt Mossul sowie ein Gebet in Karakosch in der christlich geprägten Ninive-Ebene.
Französischen Berichten zufolge ist zudem ein privater Besuch des Papstes in der den Schiiten heiligen Stadt Nadschaf vorgesehen. Dort soll Franziskus „privat“ mit dem 90-jährigen Großayatollah Ali Al-Sistani zusammentreffen, dem wichtigsten schiitischen Geistlichen im heutigen Irak. Die Schiiten machen rund 60 Prozent der irakischen Bevölkerung aus. Der Dialog mit dem Islam ist ein Schwerpunkt in der Amtszeit von Franziskus. 2019 unterzeichnete er in Abu Dhabi gemeinsam mit dem Imam der ägyptischen Al-Azhar-Moschee, Scheich Ahmed al-Tayyeb, ein „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen“. Er habe die Hoffnung, dass der Papst und Sistani eine ähnliche Erklärung zur Ächtung von Angriffen auf das Leben unterzeichnen, wird Sako zitiert.
Viele Christen verließen den Irak
Beobachter halten dies allerdings für wenig wahrscheinlich. Der Leiter des internationalen kirchlichen Nahost-Hilfswerks Oeuvre d’Orient, Pascal Gollnisch, sagte bei einer virtuellen Pressekonferenz (Donnerstag), die Verabschiedung eines solchen Dokuments stehe immer im Kontext eines längeren Prozesses. Es bräuchte dafür „vielleicht zwei oder drei weitere Begegnungen“, so der Franzose. Im Irak lebten früher mehr als eineinhalb Millionen Christen, heute sind es geschätzt noch rund 400.000. In den vergangenen zwei Jahrzehnten verließen viele Christen das Land, unter anderem wegen politischer und religiös motivierter Auseinandersetzungen, etwa islamistischen Angriffen, sowie wegen fehlender wirtschaftlicher Perspektiven.
Auch der Patriarch der syrisch-katholischen Kirche von Antiochien will den Papst bei dessen Irak-Reise persönlich empfangen. Das geht aus einem (am Donnerstag veröffentlichten) Schreiben von Ignatius Youssef III. Younan hervor. Es sei ein Treffen in der Kathedrale in Bagdad geplant. Darüber hinaus werde es eine Begegnung der beiden in Karakosch geben. In der christlich geprägten Stadt sorgte 2014 der „Islamische Staat“ für Verwüstung. – Der mit Rom verbundenen syrisch-katholischen Kirche im Irak gehören rund 45.000 Mitglieder an; sie leben fast alle in der Ninive-Ebene.
„Markstein für die Befriedung“
Als Mensch, der „sich selbst für die ganze Menschheit gebe“, komme Papst Franziskus für alle Menschen im Irak sowie für die gesamte Region, betonte Sako in dem Interview. Entsprechend stehe der Besuch unter dem biblischen Motto „Ihr seid alle Brüder“. In einer Welt, die von Sektierertum und fundamentalistischer Ideologie geprägt sei, sei es eine große Herausforderung, sich füreinander und für eine friedliche und stabile Gesellschaft einzusetzen. Der französisch-irakische Wissenschaftler Adel Bakawan sagte bei einer Konferenz von Oeuvre d’Orient, auch ohne eine gemeinsame schiitisch-katholische Erklärung wäre ein Papstbesuch im Irak in Zeiten von Gewalt und Unsicherheit für Muslime ein „Markstein für die Befriedung“ des Landes und ein „unschätzbarer Wert“ für die Muslime wie für die Christen dort.