Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den Militärputsch in Myanmar verurteilt und die sofortige Freilassung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und allen anderen inhaftierten Persönlichkeiten aus der Politik gefordert
Göttingen – Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den Militärputsch in Myanmar verurteilt und die sofortige Freilassung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und allen anderen inhaftierten Persönlichkeiten aus der Politik gefordert. „In Myanmar droht ein gefährlicher Rückwärtsgang in die Geschichte. Nach zehn Jahren zaghafter Demokratisierung, werden nun vom Militär gewaltsam die Uhren wieder zurückgestellt und dem Land droht eine Fortführung der jahrzehntelangen Militärdiktatur“, erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag in Göttingen.
„Für den Vielvölkerstaat ist dies eine Katastrophe, denn es bedeutet, dass es auch keinen Frieden in den Nationalitätengebieten geben wird und der Völkermord an den Rohingya anhalten wird“, fügte Delius hinzu. Die frühere Demokratie-Ikone Aung San Suu Kyi habe vergeblich versucht, sich den Militärs anzubiedern. Bei der Verfolgung der Rohingya sei sie seit 2015/2016 ein willfähriges Werkzeug der Militärs und ihrer Genozidstrategie gewesen. „In aller Welt vertrat und rechtfertigte sie die grausame Strategie der Militärführung, die sie nun wieder einsperrt.“
Demokratisierung unter Aung San Suu Kyi habe in vieler Hinsicht enttäuscht
Die Demokratisierung unter Aung San Suu Kyi habe in vieler Hinsicht enttäuscht, so die Menschenrechtsorganisation. So seien in den letzten Jahren die Meinungs- und Pressefreiheit immer stärker durch Nutzung alter Gesetze der Militärdiktatur willkürlich eingeschränkt worden. Auch seien die Friedensbemühungen in den Nationalitätengebieten nicht vorangekommen, obwohl dies Aung San Su Kyi zur obersten Priorität erklärt habe. Nun drohe Myanmar die Rückkehr der dunklen Zeit der Militärdiktatur vor dem Jahr 2011.
„Mit großer Sorge verfolgen wir, dass vor allem China von dem Umsturz profitieren wird, um seine seit Jahren unter der Militärdiktatur praktizierte Politik der Plünderung der Rohstoffe in den Nationalitätengebieten fortzuführen“, warnte Delius. Einen Tag vor der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments in Myanmar hat in einem Militärputsch die Armee die Macht übernommen. Staatsrätin Aung San Suu Kyi und andere führende Politiker wurden festgenommen. Das Militär begründete laut Medien vom Montag den Putsch mit angeblichem Wahlbetrug bei der Parlamentswahl im vergangenen November. Die Armee verhängte für ein Jahr den Ausnahmezustand.
Guterres: Schwerer Schlag für die demokratischen Reformen
UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte die Übertragung aller Gesetzgebungs-, Exekutiv- und Justizbefugnisse auf das Militär als „schweren Schlag für die demokratischen Reformen in Myanmar“. Der Generalsekretär fordert die Militärführung nachdrücklich auf, „den Willen der Menschen in Myanmar zu respektieren und demokratische Normen einzuhalten“. Weiter sagte Guterres: „Die Wahlen vom 8. November 2020 sind ein starkes Mandat für die Nationale Liga für Demokratie (NLD), das den klaren Willen der Menschen in Myanmar widerspiegelt, den hart erkämpften Weg der demokratischen Reform fortzusetzen.“
Aung San Suu Kyi und die NLD hatten die zweite freie Parlamentswahl nach Jahrzehnten der Militärdiktatur mit einem Erdrutschsieg gewonnen. Die Armeeführung hatte am 26. Januar auf einer Pressekonferenz angesichts der „politischen Krise“ einen Putsch nicht ausgeschlossen. Bereits einen Tag zuvor warnte der Erzbischof von Rangun, Kardinal Charles Bo, zusammen mit Vertretern anderer Religionen in einer gemeinsamen Erklärung indirekt vor einem Putsch. In der Erklärung setzten sich die Religionsführer für eine „Anerkennung der Realität“ sowie „Dialog und Verhandlungen“ als Weg zur nationalen Versöhnung ein. Am Freitag vergangener Woche warnten die diplomatischen Vertretungen der EU, Deutschlands, der USA und zehn anderer westlicher Staaten in Myanmar das Militär vor einem Putsch