In der Politik wächst der Unmut über den Umgang des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln.
Frankfurt – In der Politik wächst der Unmut über den Umgang des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln. Die religionspolitischen Sprecher mehrerer Fraktionen machten gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch) deutlich, dass notfalls auch ein „Signal“ aus der Politik erforderlich sein könnte.
Castellucci: große Skepsis – „vor allem auch mit Blick auf das Erzbistum Köln“
Der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Castellucci, sagte, die Aufarbeitung sei zwar zuerst Sache der Kirche. „Aber ich sehe das mittlerweile mit großer Skepsis – vor allem auch mit Blick auf das Erzbistum Köln.“ Die Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens am 18. März sei aus seiner Sicht die letzte Chance, um verspieltes Vertrauen wieder zu gewinnen. Wenn diese Chance nicht genutzt werden sollte, so Castellucci weiter, „dann muss man über ein staatliches Dach für die Aufarbeitung nachdenken“. Ein solches müsste dann aber das „ganze traurige Spektrum einbeziehen, also neben den Kirchen etwa auch den Sport“.
Der Beauftragte der Unionsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Hermann Gröhe (CDU), verwies auf die Vereinbarung zur Einrichtung unabhängiger Kommissionen, welche die Deutsche Bischofskonferenz und der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, im Juni unterzeichnet hatten. Dies stelle „eigentlich“ eine geeignete Grundlage für die Aufarbeitung von Missbrauch dar. Allerdings nehme er „sehr ernst zur Kenntnis, dass Betroffenenvertreter in der katholischen Kirche erhebliche Zweifel daran haben, ob diese Aufarbeitung mit dem notwendigen Nachdruck vorangetrieben wird“.
Noch nicht alle Bistümer haben Gespräche aufgenommen
Unterdessen haben acht Monate nach der Vereinbarung immer noch nicht alle Bistümer Gespräche über die Einrichtung unabhängiger Kommissionen mit dem Missbrauchsbeauftragten aufgenommen. Auf FAZ-Anfrage teilte eine Sprecherin des Missbrauchsbeauftragten mit, man sei mit „fast allen Bistümern im Gespräch“. Mit rund der Hälfte von ihnen sei man „schon ziemlich weit gekommen“. Dazu zählt nach Angaben der Sprecherin auch das Erzbistum Köln – „trotz der nachvollziehbaren Kritik in der Gutachtenfrage“. Man rechne damit, dass in diesen Bistümern bis zum Ende des Jahres unabhängige Kommissionen zur Aufarbeitung eingerichtet würden.
Nicht zu eigen machten sich die religionspolitischen Sprecher die Forderung von Betroffenen-Vertretern, eine Wahrheitskommission durch den Bundestag einzusetzen. Dafür setzt sich etwa die Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“ ein. „Die riesigen Erwartungen an eine solche Kommission könnten von dieser wohl nicht erfüllt werden, weil ihr die rechtlichen Instrumente fehlen“, sagte der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser