Caritas-Präsident Peter Neher fürchtet, dass das Veto der Caritas zu einem flächendeckenden Tarifvertrag in der Altenpflege dem Verband massiv schadet.
Berlin – Caritas-Präsident Peter Neher fürchtet, dass das Veto der Caritas zu einem flächendeckenden Tarifvertrag in der Altenpflege dem Verband massiv schadet. Die Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission „schadet der Glaubwürdigkeit der Caritas und sie kommt zu Unzeiten für die katholische Kirche“, erklärte er am Freitag in Berlin. Zugleich betonte er aber, dass sich die Struktur der Caritas in Tariffragen bewährt habe. „Die Tarifautonomie in Frage zu stellen, weil das Ergebnis in diesem Fall als problematisch erachtet wird, ist einer Organisation, die sich der Regeltreue und der Transparenz verpflichtet, nicht angemessen.“
Neher hätte sich andere Entscheidung gewünscht
Neher räumte ein, dass er sich eine andere Entscheidung gewünscht hätte und viele Mitarbeiter im katholischen Wohlfahrtsverband mit dem Nein haderten. Das Veto der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas verhindere erstmal eine höhere Entlohnung von vielen Pflegekräften außerhalb der Caritas „und das mitten in einer Pandemie, die diesen Menschen unheimlich viel abverlangt“. Auch die Arbeitnehmervertreter in der Kommission hatten für einen Tarifvertrag gestimmt.
Zuvor hatten 17 katholische Sozialethiker Kritik am Scheitern der Einführung des Tarifvertrags durch ein Veto der zuständigen Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas geübt. Die Wissenschaftler forderten den Verband auf, seine Entscheidung zu revidieren, da sonst dessen Gemeinwohlorientierung untergraben werde und man sich „in einen eklatanten Widerspruch zu grundlegenden Maßstäben der kirchlichen Sozialverkündigung“ setze.
Heil kann nach Caritas-Nein Tarifvertrag nicht als allgemeinverbindlich erklären
Neher forderte die Ethiker im Gegenzug auf, Respekt vor den Entscheidungen der paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite besetzten Kommission zu wahren, wenn sie nicht für den „ersten Weg“ plädierten. Beim sogenannten ersten Weg wurden Löhne früher einseitig vom Arbeitgeber festgelegt, beim „zweiten Weg“ handeln Gewerkschaften und Arbeitgeber Löhne und Arbeitsrecht notfalls mit Aussperrungen und Streiks aus. Die Kirchen wenden den „dritten Weg“ an, bei dem Dienstgeber und Dienstnehmer Löhne und Arbeitsrecht im Konsens aushandeln.
Der Caritasverband verwies darauf, dass ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag nicht der einzige Weg sei, um bessere Arbeitsbedingungen für alle Pflegekräfte zu erreichen. „Daran muss immer wieder erinnert werden, um auch einer sozialethisch verengten Bewertung zu widersprechen.“ Man unterstütze die Idee, die Zulassung von Pflegeeinrichtungen an eine Tarifbindung zu koppeln. Und auch die Pflegemindestlohnkommission und eigene Vorschläge für eine umfassende Pflegereform dienten dem Ziel einer Besserstellung von Pflegekräften. Die Gewerkschaft Verdi und der relativ kleine Arbeitgeberverband BVAP hatten einen Tarifvertrag für die Altenpflege ausgehandelt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wollte diesen Tarifvertrag bundesweit für allgemeinverbindlich erklären, kann das aber nach dem Nein der Caritas nicht mehr tun.