) Gegen den Hamburger Erzbischof Stefan Heße werden erneut Vorwürfe erhoben, einen Missbrauchsfall nicht gründlich genug untersucht zu haben.
Hamburg– Gegen den Hamburger Erzbischof Stefan Heße werden erneut Vorwürfe erhoben, einen Missbrauchsfall nicht gründlich genug untersucht zu haben. Laut einem Bericht der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ (Donnerstag) soll Heße Zeugen zufolge in seiner Zeit als Personalchef im Erzbistum Köln vorschnell von der Unschuld eines beschuldigten Pfarrers überzeugt gewesen sein und der Schilderung eines Betroffenen nicht geglaubt haben.
„Aussage stand gegen Aussage“
Dem Bericht zufolge hat sich 2011 ein wegen einer bipolaren Störung in psychiatrischer Behandlung befindlicher Mann bei der damaligen Opferbeauftragten des Erzbistums Köln, Christina Pesch, gemeldet und angegeben, in den Jahren 1968 bis 1972 von dem inzwischen verstorbenen Pfarrer F. sexuell missbraucht und vergewaltigt worden zu sein. Heße soll daraufhin mit dem Betroffenen und seinem Anwalt ein Gespräch geführt. Wenig später soll er auch Pfarrer F. zu den Vorwürfen befragt haben, die er abgestritten habe. Kurz darauf habe Heße Pesch gesagt, dass an den Vorwürfen gegen F. nichts dran sei. Auch dem Anwalt des Betroffenen sei einige Zeit nach dem Gespräch telefonisch vom Erzbistum mitgeteilt worden, dass die Vorwürfe nicht hätten erhärtet werden können.
Pesch sagte „Christ und Welt“, der Fall sei weiter ungeklärt. „Aussage stand gegen Aussage.“ Sie habe bereits 2011 die weitere Klärung der Vorwürfe mittels eines Glaubwürdigkeitsgutachtens empfohlen. Dies sei jedoch nicht einmal in Erwägung gezogen worden. Den Anwalt des Betroffenen zitiert „Christ und Welt“ mit den Worten: „Bei Herrn Heße war im Gespräch keinerlei Empathie zu spüren.“ Er habe gar keinen Hehl daraus gemacht, dass er auf der Seite des Beschuldigten stehe und mit rechtlichen Konsequenzen gedroht.
Heße: Habe Kardinal Meißner informiert
Heße äußert sich aktuell weder zu diesem Fall noch zu anderen Einzelfällen, wie sein Sprecher bestätigte. Laut „Christ und Welt“ hat er im vergangenen Jahr in einem Schreiben an die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) Stellung genommen. Demnach habe es „keine Grundlage für eine weitere Tätigkeit der kirchlichen Stellen“ gegeben. Auch habe er pflichtgemäß den damaligen Kölner Erzbischof Joachim Meisner über die Vorwürfe gegen F. informiert. Dieser hätte Experten zufolge eine kirchenrechtliche Voruntersuchung gegen F. einleiten müssen.
In der bisher unveröffentlichten Studie der Münchner Kanzlei wird Heße auch laut früheren Medienberichten vorgeworfen, als Personalchef in Köln mehrere Missbrauchsfälle vertuscht zu haben. Der Erzbischof hatte die Anschuldigungen stets zurückgewiesen. Im November 2020 hatte Heße die Bischofskongregation in Rom über die Vorwürfe informiert und um Prüfung gebeten.
Neues Gutachten angekündigt
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat das WSW-Gutachten wegen „methodischer Mängel“ vorerst nicht veröffentlichen lassen. Er gab ein neues Gutachten zum Umgang mit sexuellen Missbrauchsfällen in Auftrag, das am 18. März vorgestellt werden soll. Heße ist seit 2015 Erzbischof von Hamburg und war zuvor ab 2006 Personalchef und von 2012 bis 2015 Generalvikar im Erzbistum Köln.