Sozialethiker: Kircheneigenes Tarifrecht „am Ende“

Der Sozialethiker Bernhard Emunds zeigt sich skeptisch gegenüber dem kircheneigenen Tarifrecht, dem sogenannten Dritten Weg.
Bonn – Der Sozialethiker Bernhard Emunds zeigt sich skeptisch gegenüber dem kircheneigenen Tarifrecht, dem sogenannten Dritten Weg. Er sei in Branchen wie der Pflege "am Ende", sagte Emunds im Interview des Portals katholisch.de am Mittwoch. Der Wissenschaftler äußerte sich zum Nein der Caritas zu einem Tarifvertrag in der Altenpflege, das in der vergangenen Woche für heftige Kritik gesorgt hatte.

Proteste Der Gewerkschaft Verdi vor der Caritas in Köln. -Foto: Caritas

Der Sozialethiker Bernhard Emunds zeigt sich skeptisch gegenüber dem kircheneigenen Tarifrecht, dem sogenannten Dritten Weg. Er sei in Branchen wie der Pflege „am Ende“, sagte Emunds im Interview des Portals katholisch.de am Mittwoch. Der Wissenschaftler äußerte sich zum Nein der Caritas zu einem Tarifvertrag in der Altenpflege, das in der vergangenen Woche für heftige Kritik gesorgt hatte.

Caritas für das kirchliche Profil zentral

Er hoffe, dass der Konflikt innerhalb des Verbandes „ganz grundsätzlich“ aufgearbeitet werde, fügte der Sozialethiker hinzu. Die Caritas müsse sorgfältig prüfen, „wie sie sich in Zukunft entwickeln will – schließlich ist sie für das kirchliche Profil zentral. Und mit diesem kirchlichen Profil ist es nicht vereinbar, wenn große Chancen, Arbeitsverhältnisse sozial zu gestalten, nicht genutzt werden.“

In der Gesellschaft genössen die Kirchen dort noch Glaubwürdigkeit, wo es um soziales Engagement gehe, sagte Emunds. „Das ist aber in den letzten Jahren brüchig geworden, weil die beiden kirchlichen Wohlfahrtsverbände der Ökonomisierung sozialer Dienstleistungen nicht entgegengetreten sind, sondern im Grunde einfach mitgespielt haben.“ Es fehle sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite an „starken Akteuren“, die dafür einträten.

Chance vertan

Er unterscheide zwischen der „Markt-Caritas“, deren Ziel es sei, Überschüsse zu erwirtschaften, und der sozialanwaltlichen Caritas, bei der sich alles um konkrete Hilfe für benachteiligte Menschen drehe. „Diese beiden Handlungslogiken stehen in einer starken Spannung zueinander“, erklärte Emunds. Die Caritas habe nun die Chance vertan, eine langfristige Strategie zu etablieren, von der am Ende alle profitieren könnten: Nicht nur in der kirchlichen Soziallehre sei man von allgemein verbindlichen Tarifverträgen überzeugt, sondern auch in der Ökonomie. „Nur dann benachteiligt der Wettbewerb nicht die, die anständige Löhne zahlen und anständige Arbeitsbedingungen schaffen.“

Emunds gehört zu den Unterzeichnern einer „Sozialethischen Stellungnahme zur Weigerung der Caritas, einem einheitlichen Tarifvertrag Altenpflege zuzustimmen“. Unter den 17 Professorinnen und Professoren sind zudem etwa der Wiener Ethiker Alexander Filipovic, die Münsteraner Lehrstuhlinhaberin für Christliche Soziallehre, Marianne Heimbach-Steins, und der Mainzer Sozialethiker Gerhard Kruip.

Aufruf zu Protesten

Die Gewerkschaft Verdi und der kleine Arbeitgeberverband BVAP hatten einen bundesweiten Tarifvertrag für die Altenpflege ausgehandelt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wollte diesen Vertrag auf die ganze Branche ausdehnen, benötigte dazu jedoch die Zustimmung von Caritas und Diakonie. Die Caritas hatte den Vertrag abgelehnt, die Diakonie eine Entscheidung darüber abgesagt. Verdi rief zu Protesten gegen die Caritas auf.

kna